Fachbeitrag
Wissen
15.12.24
Farbwahrnehmung in der Zahntechnik
Licht und Farbe: wissenschaftliche Grundlagen und praktische Anwendungen
Sascha Hein
Die Farbwahrnehmung und insbesondere die Reproduktion von Zahnfarbe sind zentrale Bestandteile der modernen Zahntechnik. Ziel dieses Artikels ist es, über weitverbreitete Missverständnisse zur Entstehung von Farbe und zur Farbwahrnehmung aufzuklären und zu zeigen, wie Wissenschaft und Industrie gemeinsam erstklassige Lösungen für den zahntechnischen Alltag schaffen können.
Konkret soll gezeigt werden, wie es durch die gemeinsame Kooperation mit der Firma Renfert gelungen ist, neue Maßstäbe für die zahntechnische Anwendung von Licht zu setzen.
Farbwahrnehmung
Das Auge ist das Sinnesorgan, mit dem wir die Welt visuell wahrnehmen. Obwohl es den Anschein hat, dass Objekte und Licht tatsächlich farbig sind, weiß die Wissenschaft heute, dass das nicht stimmt. Die Farbwahrnehmung ist eine Art, wie wir die Welt erleben. Farben sind Empfindungen, die das Gehirn als Reaktion auf Unterschiede in der Qualität und Quantität des Lichts erzeugt. Wie Newton sagte: „Licht ist eigentlich nicht farbig; es erscheint uns nur so.“ Selbst heute werden die Grundprinzipien der Farbwahrnehmung oft missverstanden, weit über das verbreitete Irrglauben hinaus, dass Licht farbig sei.
Trotz der Erkenntnis, dass Licht nicht farbig ist, gibt es keine Farbe ohne Licht. In der Regel sind für die Farbwahrnehmung drei Komponenten erforderlich: Licht, Objekt und Betrachter (Abb. 1). Allerdings ist dies streng genommen nicht richtig, da wir Licht auch direkt wahrnehmen können, z. B. bei Leuchtreklamen oder Verkehrsampeln. In den meisten Fällen jedoch wird das Licht, das unsere Augen erreicht, von Objekten reflektiert oder durch sie hindurchgelassen. Dennoch wird in Illustrationen manchmal gezeigt (Abb. 1), dass die Lichtstrahlen (hier dargestellt durch Pfeile) oder das Objekt selbst farbig sind, was zu Missverständnissen führen kann. Es scheint daher besser, die Farbe des Objekts so darzustellen, wie sie vom Betrachter wahrgenommen wird. Darüber hinaus ist der Prozess, wie das Gehirn auf Licht reagiert, äußerst komplex und nicht vollständig verstanden. Daher sollte Abbildung 1 lediglich als Ausgangspunkt betrachtet werden.
Die Beschaffenheit von Licht
Licht ist eine elektromagnetische Strahlung, deren Energie in Form von Energiepaketen, den Photonen, übertragen wird. Diese Elementarteilchen haben sowohl Partikel- wie auch Wellencharakter; daher wird Licht in Wellenlängen gemessen. Kurzwelliges Licht wird violett-bläulich und langwelliges Licht rötlich wahrgenommen. Abbildung 2 zeigt das elektromagnetische Spektrum und die ungefähren Wellenlängen der verschiedenen Strahlungsarten. Deutlich zu erkennen ist, dass nur ein geringer Bereich für uns sichtbar ist, den wir als farbig interpretieren. Die Anzahl der im Spektrum erkennbaren Farben ist von Mensch zu Mensch verschieden und hängt von verschiedenen Faktoren – z. B. den Betrachtungsbedingungen – ab, beträgt aber oft bis zu 100.
Lichtquellen
Natürliches Tageslicht ist die elementarste Form der Beleuchtung und war lange Zeit die einzige verfügbare Lichtquelle. Mit der industriellen Revolution begann der Siegeszug der elektrischen Lichtquellen, zunächst mit Glühbirnen. Diese waren jedoch nicht sehr effizient und erzeugten kein gleichmäßiges Lichtspektrum. In den 1960er Jahren wurde die Leuchtstoffröhre entwickelt, die dieses Problem löste, aber Quecksilber verwendete. Dies führte 2023 zu einem Verbot in der EU. Um eine energiesparende und nachhaltige Beleuchtung zu fördern, wurde die LED-Technologie zum neuen Standard. Moderne LEDs sind nicht nur sehr energieeffizient und langlebig, sondern haben auch eine vorteilhafte spektrale Energieverteilung, insbesondere wenn verschiedene LED-Typen kombiniert werden (Abb. 3).
Die farbliche Charakterisierung von Lichtquellen
Um die Farbwiedergabe einer Lichtquelle zu beurteilen, wird sie mit einer Referenzlichtquelle verglichen, deren spektrale Verteilung bekannt und gleichmäßig ist, während beide nacheinander eine Reihe spezifizierter Testfarben beleuchten. Die Internationale Beleuchtungskommission (CIE) empfiehlt hierfür mittleres Tageslicht, wie es in der nördlichen Hemisphäre zur Mittagszeit vorkommt. Die Farbtemperatur dieser „Norm-Tageslichtquelle“ wird an die korrelierte Farbtemperatur (CCT) der Testlichtquelle angepasst. Die gemessenen Farbunterschiede der Testfarben unter der Referenz- und Testlichtquelle dienen als Grundlage für die Bestimmung des Farbwiedergabeindex (Color Rendering Index, CRI). Der CRI wurde 1965 eingeführt und hat sich seitdem leider kaum weiterentwickelt. Obwohl es Versuche gab, ihn zu verbessern, wurden die Vorschläge von den Interessenvertretern der Industrie abgelehnt und konnten daher nie von der CIE ratifiziert werden. Der CRI soll mit einer Zahl ausdrücken, wie gut eine Lichtquelle die Farben von acht Testfarben wiedergibt, wobei Tageslicht standardmäßig einen Wert von Ra 100 erreicht. Es gibt verschiedene, meist verwirrende Abwandlungen des CRI, und Hersteller haben unterschiedliche Möglichkeiten, ihre Produkte mit einem hohen CRI-Wert zu bewerben. Beispielsweise können sie den Mittelwert aller acht Testfarben angeben, ohne den Mindestwert der Testfarbe mit der geringsten Farbwiedergabe zu nennen. Dieser Trick kann die Gesamtaussage über die Farbwiedergabe einer Lichtquelle verfälschen.
Um die zahntechnische Bedeutung des CRI-Wertes zu veranschaulichen, zeigt Abbildung 4 einen simulierten praktischen Vergleich zwischen dem Farbspektrum der „Light 1“ von Renfert und zwei anderen Dentalleuchten, jeweils aus dem unteren und dem oberen Preissegment. Obwohl die „Light 1“ den höchsten Farbwiedergabeindex aufweist, ist der offensichtlichste Unterschied zwischen den verschiedenen Produkten die korrelierte Farbtemperatur. Die „Light 1“ kommt der Norm-Tageslichtquelle (6500 K) am nächsten und erreicht gleichzeitig einen hohen CRI von Ra 97.
Fazit
Dieser Bericht beleuchtet die Grundlagen der Farbwahrnehmung und ihre Bedeutung für die moderne Zahntechnik. Trotz weit verbreiteter Missverständnisse über die Entstehung und Wahrnehmung von Farbe zeigt die enge Zusammenarbeit mit der Firma Renfert, wie durch wissenschaftliche Erkenntnisse und technologische Innovationen neue Maßstäbe in der zahntechnischen Praxis gesetzt werden können.
Die erfolgreiche Integration moderner Lichtquellen und die präzise Reproduktion von Zahnfarben unterstreichen die Bedeutung dieser Kooperation für die Ergebnisqualität in der Zahntechnik.
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