Eventbericht
Markt & Innovationen
15.02.25
Lehrreiches zebris Symposium
Der digitale Gesichtsbogen und die perfekte Integration in die Praxis und das Labor
Mit 70 Teilnehmern vor Ort in Isny im Allgäu und mehr als 140 weltweit zugeschalteten Online-Teilnehmern feierte das internationale zebris Symposium 2024 Ende des Jahres einen großen Erfolg. Das Event begann mit einem spannenden Pre-Symposium am Vormittag, bevor das Hauptprogramm startete, das sich vor allem dem digitalen Gesichtsbogen JMA-Optic und den neuesten Entwicklungen widmete.
Geschäftsführer Wolfgang Brunner präsentierte die Highlights des neuen Software-Updates 4.0 sowie ein neues paraokklusales Attachment für den Unterkiefersensor mit Lippenbügel und gingivagestütztem Design. Neu sind die erweiterten Funktionen zur Integration von Intraoralscans, Facescans und DVT-Oberflächendaten, die mit JMA-Daten in der CAD-Software verarbeitet werden können. Ebenfalls stellte er den neuen Attachment Designer vor, der paraokklusale Attachments für den 3D-Druck vorbereitet. Auch ein Modul zum Morphing von Gesichtsweichteilen sowie die Integration von Retrusions- und Schließbewegungen gehören zu den neuen Features. Ergänzt wird das Softwarepaket durch den Schienen-Designer für Komfort- und Positionierungsschienen. Ein weiteres Highlight ist die zebris Customer Platform, die eine cloudbasierte Datenverwaltung ermöglicht.
Vertrauensfrage zur digitalen Okklusion
Prof. Dr. Bernd Kordaß von der Universität Greifswald stellte in seinem Vortrag die Frage, ob wir der digitalen Okklusion vertrauen können und welche Vorteile sich daraus ergeben. Bei der digitalen Okklusionsanalyse werden wichtige Parameter wie Spaltraum, Ausdehnung, „Stärke“, Lokalisation, Bewegungsrichtung und Zeitfaktor gemessen, was auf einem Positionspapier der Universität Greifswald festgehalten wurde. Prof. Dr. Bernd Kordaß erklärte, dass Durchdringungen in der Okklusion regelmäßig vorkommen, biologisch bedingt und in vielen Fällen unvermeidbar sind. Diese Durchdringungen sollten in ihrem Ausmaß korrekt dargestellt werden, um die Ursachen genau zu bestimmen und nicht ohne Kontrolle automatisch entfernt zu werden. Das Fazit des Vortrags war eindeutig: Ja, wir können der digitalen Okklusion vertrauen!
Neue Leitlinien
Prof. Dr. Alfons Hugger zeigte die aktuellen Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Funktionsdiagnostik und -therapie (DGFDT). Im Fokus standen die beurteilbaren Aspekte der Bewegungsaufzeichnung des Unterkiefers, die sowohl diagnostischen Zwecken als auch der therapeutischen Dokumentation dienen. Erfasst werden die Bewegungsfähigkeit, die Koordination der Unterkieferbewegungen sowie die Stabilität und Reproduzierbarkeit der Ausgangsposition. Die Leitlinien betonen zudem die Bedeutung von Schienen in der präprothetischen Therapie und fordern im Rahmen umfangreicher prothetischer Versorgungen einen funktionalen Kurzbefund zur Abklärung von CMD-Symptomen. Prof. Hugger unterstrich, dass der digitale Gesichtsbogen die Basis für eine zeitgemäße Umsetzung funktioneller und ästhetischer restaurativer Versorgungsformen bietet und somit laut Leitlinien ein probates Tool für die Zahnmedizin ist.
Wirtschaftliche Vorteile mit digitalem Gesichtsbogen
Dr. Ulrich Wegmann vom CMD-Centrum Bonn und Ztm. Guido Gäßler präsentierten die Einsatzmöglichkeiten des digitalen Gesichtsbogens JMA-Optic für prothetische Arbeiten. Im Mittelpunkt stand der virtuelle Artikulator, der funktionsidentisch mit einem mechanischen Artikulator arbeitet, jedoch dessen Einschränkungen überwindet. Der digitale Workflow kombiniert Intraoralscans, Facescans und Modelscans, deren berechnete Einstellwerte in die CAD-Software übernommen und dort vorbereitet werden, bevor die Fertigung per 3D-Druck oder Fräsen erfolgt. Dr. Wegmann erläuterte den Ablauf vom ersten Behandlungstermin, der Vermessung bis hin zu diagnostischen Maßnahmen im Rahmen einer funktionsorientierten Behandlung. Er ging darauf ein, wie mit dem Kieferregistriersystem JMA-Optic individualisierte Messprotokolle erstellt werden, die eine gezielte Diagnostik und Therapie ermöglichen.
Für Zahntechniker zeigte Ztm. Guido Gäßler, wie mit Intraoralscans, Hautpunktmessungen, Bewegungsaufzeichnungen („Real Movement“) sowie der Integration von DVT- und 3D-Facescans der digitale Workflow komplettiert wird. Der digitale Gesichtsbogen ermöglicht die präzise Erfassung und Übertragung aller relevanten Daten für Full-Arch-Restaurationen und die Auswahl der therapeutischen Zentrik. Die Übertragung erfolgt konventionell oder cloudbasiert. PD Dr. Daniel Hellmann erläuterte die Bedeutung der Funktion in der restaurativen Zahnmedizin und Zahntechnik und stellte die Frage: „Wie viel okklusale Funktion braucht der Mensch?“. Er wies auf die Grenzen der Adaptionsfähigkeit des stomatognathen Systems hin. Er betonte, dass die störungsfreie Annäherung an die Interkuspidation während funktioneller Bewegungen des Unterkiefers die präzise kontrollierte Zielvariable ist.
Der klinische Kontext verdeutlicht, dass die Veränderung eines symptomlosen okklusalen Status oder die Umsetzung eines neuen okklusalen Konzepts einen erheblichen Eingriff in das stabile System bedeutet. Daher sollte der angestammte Funktionsraum möglichst übernommen werden, um eine unnötige Adaptation zu minimieren. Im digitalen Workflow gelingt dies häufig einfach, zeiteffizient und wirtschaftlich, wobei „Real Movement“ im okklusalen Nachbereich eine nahezu patientenanaloge Simulation bietet und bei korrekter Ausführung präzise Daten liefert – ideal für kleinere restaurative Eingriffe.



Auch für zahnlose Patienten
Dr. Haitham Sharshar, der online aus Ägypten zugeschaltet wurde, präsentierte den Workflow für die vollständige Versorgung des Zahnbogens mithilfe des digitalen Gesichtsbogens. Er stellte Fälle, auch von zahnlosen Patienten vor, bei denen der traditionelle Artikulator durch das Real-Movement-Tool des Systems JMA-Optic ersetzt wurde, was zu präziseren Ergebnissen führt.
Ein zentraler Bestandteil seiner Methode sind die sogenannten „12-o‘clock-Photos“, die er nach der Bestimmung der vertikalen Dimension im Wax-up erstellt. Das digitale Wax-up wird mit einer Bissoptimierung mit vielen Informationen zur Funktion kombiniert. Für ihn stellt dieser digitale Ansatz einen bedeutenden Fortschritt in der Versorgung dar. Laut Sharshars Ansicht ist der digitale Workflow nun auch für zahnlose Patienten wirklich komplett.
Kieferregistrierung: echt wirtschaftlich
Dr. Sebastian Ruge und Zahnarzt Franz Krautschick, Experten der Universitätsmedizin Greifswald, betonten die Bedeutung des digitalen Gesichtsbogen-Workflows, der es ermöglicht, therapeutische Bisslagen exakt zu definieren und die digitale Okklusion zu optimieren. Anhand von Patientenfällen zeigte Franz Krautschick, wie sich mithilfe der zebris-Kieferregistrierung und Intraoralscans Störkontakte bei dynamischer Okklusion identifizieren lassen.
Individuell angepasste Schienen führen zu vorhersehbaren und langfristigen Ergebnissen. Der Einsatz von Technologien wie der Flowable Injection Technik ermöglicht eine effiziente Planung der Prothesenherstellung in nur drei Terminen. Dr. Sebastian Ruge gab Abrechnungsbeispiele für digitale Vermessungen und die Diagnostikmaßnahmen wie die klinische Funktionsanalyse.
Aus der Praxis für die Praxis
Zahnärztin Susette Schweigert-Gabler betonte besonders den Einsatz von Systemen wie dem Intraoralscanner iTero lumina und der Kombination mit dem digitalen Gesichtsbogen im Kieferregistersystem. Die digitale Funktionsanalyse sowie Systeme wie Tizian JMA-Optic by zebris erleichtern die Erstellung individueller Lösungen und verkürzen die Einschleifzeiten. Sie hob hervor, dass der interdisziplinäre Ansatz mit Physiotherapeuten oder Osteopathen hilft, funktionelle Probleme frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. Besonders spannend ist ihre Sicht auf die Mitarbeitermotivation: Die Anwendung des Intraoralscanners fördert nicht nur die Effizienz, sondern motiviert auch das Praxisteam. Patienten profitieren von langlebigerem Zahnersatz, kürzeren Behandlungszeiten und individuelleren Lösungen, was die Zufriedenheit und den Marketingeffekt für die Praxis steigert.
Der Vortrag von Ionut Pitu, zertifizierter Zahntechnikermeister aus Rumänien, trug den Titel „The King is dead, long live the King! Real Movement versus Articulator Movement“. Pitu stellte hochkomplexe digitale Kieferregistrierungen vor und fokussierte sich auf einen vorhersehbaren Workflow bei der Datenerfassung für anspruchsvolle Fälle. Er erklärte, dass die neuesten digitalen Technologien, wie die Tizian JMA-Optic by zebris Software, die Notwendigkeit für herkömmliche Artikulatoren in Frage stellen und den realen Kieferbewegungen des Patienten eine höhere Gewichtung geben. Für Pitu ist der Artikulator nach wie vor ein unverzichtbares Hilfsmittel, jedoch ermöglicht die digitale Analyse der realen Bewegungsdaten eine präzisere und individuellere Anpassung von Kronen und Brücken. In komplexen Fällen wie Implantatversorgungen und zahnlosen Patienten zeigt die Verwendung von Real-Movement-Daten klare Vorteile. Max Zimmermann von Go3Dent beleuchtete die vielfältigen technischen Möglichkeiten und Applikationen von 3D-Drucktechnologien für Dentalunternehmen unter Berücksichtigung der Medizinproduktegesetzgebung (MDR). Er präsentierte extrusionsbasierte, harzbasierte und pulverbasierte Druckverfahren und stellte die sieben Prozessschritte vor – vom Scannen des Modells über die Konstruktion der Schiene bis hin zum Drucken, Reinigen und Aushärten. Besonders wichtig war für ihn die Erkenntnis, dass validierte Prozesse die Grundlage für den Einsatz von 3D-Druck im medizinischen Bereich bilden. Als Take-aways nannte er die Notwendigkeit der Material-Kompatibilität, die Bedeutung validierter Prozesse und dass es nicht „den besten“ 3D-Drucker gibt, sondern den richtigen Drucker für den jeweiligen Betrieb.
Vom Hocker zu beeindruckender Funktion
Ztm. Florian Birkholz aus Oranienburg hielt einen Vortrag über Design-Optionen in einem zahntechnischen Labor. Anhand von zwei Patientenfällen erläuterte er die Funktionsanalyse und deren Umsetzung sowie die Einflussfaktoren auf eine zebris-Kieferregistrierung. Im ersten Beispiel ging es um die Rehabilitation eines Patienten nach einer Tragezeit von sieben Jahren einer Unterkieferprotrusionsschiene mit fehlenden okklusalen Kontakten im Seitenzahnbereich und einer stark inklinierten Oberkieferfront. Der Fall erforderte eine präzise Analyse der Spee- und Wilson-Kurve sowie eine dreistufige Planung, bevor eine Snap-on-Schiene hergestellt wurde – zuerst statisch und dann mit der Einspielung der Real-Movement-Bewegungsdaten. Florian Birkholz hob hervor, dass eine instrumentelle Funktionsanalyse und die Kieferrelationsbestimmung nach den Leitlinien der DGFDT Pflicht sind, um eine hohe forensische Sicherheit und Adaption zu gewährleisten. Er gab Tipps zu Kopfneigung und Körperhaltung, um eine konsistente und zuverlässige Messung zu gewährleisten. Auch ein glatter Sitzhocker und die Beachtung der Körperhaltung seien entscheidend, um konsistente Ergebnisse zu erzielen.
Schienen- und Attachment-Herstellung
Benedikt Zillner, Produktmanager bei zebris und B. Sc. der Medizintechnik, präsentierte den Schienen- und Attachment-Designer in der Version 4.0 des zebris Systems JMA-Optic. Damit können Aufbissschienen und paraokklusale Attachments effizient designt und über 3D-Druck hergestellt werden. Die Schienenherstellung beginnt mit dem Hochladen von Scandaten, gefolgt von der Gestaltung der Auflagefläche, Materialauswahl und automatischer Vorschlagserstellung – alles mit einem vereinfachten Workflow. Für das Schienen-Design bietet die Software zwei Varianten: eine einfache Komfortschiene und eine erweiterte Positionierungsschiene, die für Ober- und Unterkiefer optimiert sind. Protrusions- und Schließbewegungen werden genutzt, um die Position in die Schiene zu übertragen. Die intuitive Gestaltung ermöglicht eine einfache Einschubrichtung, die Nutzung von Unterschnitten und eine automatische Oberflächengestaltung, ohne dass ein Einschleifen erforderlich ist. Ein herausragendes Merkmal ist die Möglichkeit des dynamischen Einschleifens.
Damit fand das zebris Symposium 2024 mit vielen wertvollen Ansätzen für die Teilnehmer vor Ort und online seinen Abschluss.
Quelle: Zebris
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