Fachbeitrag
Implantatprothetik
20.06.25
Restaurationen mit modernen Nanohybridharzen
Die Vielseitigkeit des 3D-Drucks entdecken
Der 3D-Druck in der Zahnmedizin geht längst über etablierte Hilfsmittel wie Modelle, Abformlöffel und Schablonen hinaus. Der Autor legt im Artikel den Fokus auf die Herstellung definitiver und provisorischer Restaurationen mittels moderner Nanohybridharze mit hohem Keramikfüllstoffgehalt. Er fertigt seit über drei Jahren sämtliche provisorischen Versorgungen – sowohl zahngetragene als auch implantatgetragene – im 3D-Druckverfahren. Anhand eines Fallbeispiels geht er auf die Nanokeramikkrone ein und zeigt u. a. die Verarbeitungsschritte nach dem Druck: Reinigung, Konturierung sowie Individualisierung mit Malfarben und Glasur.
Die restaurative Zahnmedizin hat sich in den letzten Jahrzehnten mit der Entwicklung von Techniken wie der subtraktiven CAD/CAM-Fertigung in der Zahnarztpraxis und im Dentallabor, der digitalen Röntgen- und Cone-Beam-Bildgebung, dem intraoralen Scannen, dem digitalen Restaurationsdesign und der chirurgischen Planung sowie in jüngster Zeit mit dem dentalen 3D-Druck enorm weiterentwickelt. Zuerst das CAD/CAM-Fräsen und jetzt der 3D-Druck haben die Landschaft sowohl für die Herstellung von Zahnersatz im Labor als auch für die Herstellung von provisorischem und permanentem Zahnersatz und zahnärztlichen Behandlungsmitteln in der Zahnarztpraxis verändert.
Entwicklung seit 40 Jahren
Das erste Patent für einen 3D-Drucker wurde 1986 erteilt. Im Laufe der Jahre hat sich der 3D-Druck zu einem Verfahren entwickelt, das leichter zugänglich, kostengünstiger und vielseitiger geworden ist, was sowohl Zahnarztpraxen als auch Dentallaboren zugutekommt. Die Technologie ermöglicht es auch, einige Funktionen, die bisher nur von Dentallaboren angeboten wurden, direkt in der Zahnarztpraxis auszuführen. Gleichzeitig ermöglicht der 3D-Druck den Dentallaboren eine einfachere und kostengünstigere Herstellung von Restaurationen und/oder Hilfsmitteln. Gängige 3D-gedruckte Objekte sind Arbeitsmodelle, provisorische und definitive Prothesen, kieferorthopädische Geräte, Schienen, Abformlöffel, Aufbissschienen, Total- und Teilprothesen sowie chirurgische Schablonen.
Erweiterung zahntechnischer Kreativität und Kunstfertigkeit
Die digitale Zahnmedizin entwickelt sich ständig weiter, was zu ästhetischeren und benutzerfreundlicheren Materialien, effizienteren Methoden der „Kommunikation“ zwischen Technologien und einer einfacheren und schnelleren Herstellung von Restaurationen und prothetischen Komponenten führt. Die individuelle Kreativität und Kunstfertigkeit, die erfahrene Zahntechniker und Zahnärzte einbringen können, werden dadurch nicht beeinträchtigt, sondern erweitert, während gleichzeitig die Produktionsgeschwindigkeit, die Effizienz und die Genauigkeit des Prozesses erhöht werden.
Als Dentallabor, das auf Implantatprothetik und restaurative Konzepte spezialisiert ist, haben wir zunächst gezögert, ein neues 3D-gedrucktes Material zu testen. Denn mit der ersten Generation von zahnfarbenen 3D-Druckmaterialien, die wir für implantatgetragene Provisorien verwendeten, hatten wir negative Erfahrungen gemacht, da die meisten Versorgungen frakturierten. Nachdem wir jedoch die Materialspezifikationen von Sculpture 2.0 (PAC Dent Rodin) – ein 3D-Druckkunststoff (Nanohybridkunststoff) mit hohem Keramikfüllstoffanteil – kennengelernt hatten und höhere Festigkeits- und Verschleißwerte feststellten, entschieden wir uns für weitere Tests. Seit mehr als drei Jahren verwenden wir nun dieses Material für alle Provisorien sowohl für zahngetragene als auch für implantatgetragene und das mit großem Erfolg. Bei den zahngetragenen Langzeitprovisorien gab es keine Ausfälle und bei den implantatgetragenen Provisorien nur minimale Komplikationen. Inzwischen werden 100 % aller Provisorien im 3D-Druckverfahren hergestellt, und wir haben mit klinischen Versuchen für definitive Einzelzahnversorgungen begonnen.


















Die Grundlagen: Wie es funktioniert
Der 3D-Druck ist ein additives Fertigungsverfahren, bei dem ein 3D-Objekt durch das „Hinzufügen“ aufeinanderfolgender Materialschichten entsteht. Bei dem automatisierten Verfahren wird ein Objekt wiederholt in eine Wanne mit flüssigem Photopolymerharz getaucht. Jede Schicht wird durch eine spezielle Lichtquelle polymerisiert, sodass die Restauration Schicht für Schicht aufgebaut und ausgehärtet wird. Ist die Herstellung abgeschlossen, wird die Restauration von der Bauplatte entfernt, die Supports werden abgeschnitten, überschüssiges Material wird entfernt und die Restauration wird in einem Hochintensitäts-Lichthärtesystem ausgehärtet. Wie die CAD/CAM-Frästechnologie verschafft der 3D-Drucker dem Zahntechniker mehr Zeit, sich auf andere Dinge zu konzentrieren.
3D-Drucker können zur Herstellung von Objekten verwendet werden, die entweder in einem CAD-Programm geplant oder mit einem digitalen Intraoralscanner gescannt und dann digital entworfen wurden. Digitale intraorale Scans und CBCT-Bilder werden einfach in STL-Dateien umgewandelt und in die 3D-Druckersoftware hochgeladen, wo sie bei Bedarf weiterbearbeitet werden können.
Die neuesten 3D-Druckwerkstoffe, die in unser restauratives Arsenal aufgenommen wurden, sind ein echter Durchbruch in der digitalen Prothetik. Die ersten 3D-druckbaren keramikverstärkten Hybridmaterialien für definitive Einzelkronen, Inlays und Veneers wurden für definitive Versorgungen zugelassen.
Fallstudie
Dieser Fall zeigt das Design, den Druckprozess und die Fertigstellung einer 3D-gedruckten Restauration aus Nanokeramik (PAC Dent Rodin Sculpture). Die Patientin stellte sich in der Praxis mit einer Höckerfraktur am ersten unteren Molaren vor. Nach der klinischen Untersuchung wurde entschieden, das vorhandene Inlay durch eine Krone zu ersetzen. Die Präparation erfolgte nach den Richtlinien für Vollkeramikkronen mit einer okklusalen Reduktion von 2 mm und einer koronalen Reduktion von 1,5 mm sowie einer optimierten Randgestaltung. Die Situation wurde mit dem Intraoralscanner erfasst.
Vorgehen
Der Erfolg jeder digital gefertigten Restauration beginnt mit einem CAD-Design, bei dem Festigkeit, Ästhetik und Kontur für die Funktion und Reinigungsfähigkeit der Restauration berücksichtigt werden. Nach Abschluss der Konstruktion wird das Restaurationsdesign in die Druckersoftware geladen. Von dort werden die fertige Datendatei an den 3D-Drucker gesendet und das geeignete Druckharz ausgewählt. Nach dem Druck wird die Restauration mit 96%igem Alkohol und einer weichen Zahnbürste gereinigt, getrocknet und mit geringem Druck abgestrahlt. Die endgültige Aushärtung erfolgt nach der Konturierung und dem Auftragen der Malfarben und der Glasur. Anschließend werden die Restaurationen auf Passgenauigkeit und Funktion überprüft und für die endgültige Ästhetik manuell mit Diamantfräsern konturiert.
Das 3D-Druckharz Rodin Sculpture wird mit einem speziell entwickelten Malfarben- und Glasursystem, der Rodin-Palette, geliefert. Die Malfarben können passend zur umgebenden Zahnsubstanz aufgetragen werden. Nach der Lichthärtung der Malfarben wird die Rodin-Glasur aufgetragen und in einer Hochintensitäts-Lichtkammer unter Stickstoffatmosphäre gehärtet, um einen dauerhaften Halt der Malfarben- und Glasurschichten zu gewährleisten. Die mit dem vorgestellten Kunststoff gedruckten Restaurationen lassen sich mit herkömmlichen Poliertechniken leicht auf Hochglanz polieren.
Der beschriebene Arbeitsablauf und die Materialien ermöglichen die Herstellung von individuellen, hochwertigen nanokeramischen Hybridrestaurationen im 3D-Drucker. Auch wenn es sich hierbei um subjektive Erfahrungen handelt, wird in Kürze evidenzbasierte Literatur verfügbar sein. Wir sind an mehreren universitären Studien beteiligt, die Langzeitergebnisse in Bezug auf Verschleiß, Festigkeit, Ästhetik und andere Faktoren, die den langfristigen restaurativen und klinischen Erfolg beeinflussen, validieren.
Lee Culp CDT ist Geschäftsführer von Sculpture Studios (North Carolina/USA), einem Dentallabor, Ausbildungs-, Forschungs- und Produktentwicklungszentrum für digitale Dentaltechnologien und deren Anwendung in der diagnostischen, restaurativen und chirurgischen Zahnmedizin. Er ist ein Pionier der digitalen Zahnmedizin und hält zahlreiche Patente für Ideen sowie Produkte. Er verfasst zahlreiche Artikel pro Jahr und seine Art zu schreiben, zu fotografieren und zu lehren hat ihm internationale Anerkennung als einem der interessantesten Dozenten auf dem Gebiet der digitalen Zahnmedizin, der Dentalkeramik und der funktionellen Ästhetik eingebracht. Er wurde 2007 mit dem Kenneth Rudd Award der American Society of Prothodontics, 2007 mit dem AACD Presidents Award for Excellence in Dental Education, 2003 mit dem Excellence in Education Award der National Association of Dental Laboratories, 2013 mit dem American College of Prothodontics-DentalTechnician Leadership Award, 2014 mit dem Spectrum Publishing-Lifetime Achievement Award und 2016 mit dem Dr. Peter Dawson-Dawson Academy – Dentistry Distinguished Service Award ausgezeichnet.

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