Fachbeitrag
Technik
20.03.25
Aus zwei Materialrezepturen wird ein Multitalent
Belastbarkeit und Ästhetik dort, wo sie gebraucht werden
Kann ein Material allein allen Anwenderwünschen gerecht werden? Eine gute Frage, denn für festsitzende, weitspannige implantatprothetische Versorgungen gilt es, in den unterschiedlichen restaurativen Regionen völlig verschiedene Herausforderungen zu meistern – ein Spagat zwischen Festigkeit, Maskierung und natürlicher Transluzenz. Zahntechnisches Wunschdenken ist es dann häufig, aus zwei Materialien eins zu machen, um den gegensätzlichen Anforderungen in der Restauration situationsgerecht zu begegnen.
Natürlich ist es möglich zu verblenden und so auf dem tertiären Gerüst ein weiteres Material ins Spiel zu bringen. So kann neben der gewünschten Robustheit der Brückenkonstruktion auch den ästhetischen Anforderungen entsprochen werden. Klar ist aber auch, dass solche Individualisierungsmaßnahmen auf den starr im Knochen verankerten Implantaten ein erhöhtes Risiko für Chipping und Frakturen mit sich bringen. Zumindest die statischen und dynamischen Funktionsbereiche sollten deswegen homogen, aus einem Guss monolithisch gefertigt werden.
Gesucht: ein Multitalent
Das Wunschmaterial muss vielen Aspekten gerecht werden: Im Bereich der Abutments ist eine hohe Biegefestigkeit essenziell, um den ungepufferten Kaukräften der starr verankerten Implantate standzuhalten. Gleichzeitig müssen die metallischen Abutments maskiert werden. Eine monolithische Fertigung ist vorteilhaft, um für größtmögliche Stabilität zu sorgen und damit das Risiko für Frakturen und Chipping auf ein Minimum zu reduzieren. Allerdings sollte vor lauter Festigkeit auch nicht die Ästhetik in den Hintergrund geraten. Gerade wenn monolithisch gearbeitet wird, ist die grundsätzliche Farbtreue des Materials im Zusammenspiel mit einem integrierten Farb- und Transluzenzverlauf von zervikal nach inzisal bzw. okklusal unerlässlich. Zeit, sich diesen Herausforderungen adäquat zu stellen. Schwer vorstellbar, dass das möglich ist. Und klar ist: Wer das schafft, kann alles!
Zwei Rezepturen, ein Material
Die neueste Zirkonoxid-Generation Vita YZ Multi Translucent vereint das Beste aus zwei bewährten Materialrezepturen: biegefesteres und opakeres 4-mol-% (zervikal) und transluzenteres, aber dafür weniger biegefestes 5-mol-% (inzisal) yttriumoxidstabilisiertes, tetragonales Zirkonoxid. Die beiden Materialrezepturen gehen dabei fließend ineinander über, wodurch nicht nur ein natürlicher, stufenloser Transluzenzgradient vom Hals bis in den Inzisalbereich, sondern regional auch eine bedarfsgerechte Biegefestigkeit zur Verfügung steht. Das heißt: Im Dentin- und Halsbereich, wo die auf Kronen und Brücken wirkenden Kräfte am höchsten sind, bietet Vita YZ Multi Translucent Biegefestigkeitswerte von bis zu 1200 MPa und eine höhere Opazität zur Maskierung von verfärbtem Dentin oder metallischen Abutments. In Richtung Schneide gewinnt dann sukzessive eine natürliche Transluzenz die Oberhand. So wird aus zwei Materialrezepturen ein Multitalent.
Implantatprothetischer Patientenfall
Eine 67-jährige Patientin wurde in der Praxis vorstellig, weil sie sich im zahnlosen Oberkiefer festsitzend versorgen lassen wollte. Mit dem Halt und dem Tragekomfort der momentanen herausnehmbaren Totalprothese fühlte sie sich nicht wohl (Abb. 1). Im Unterkiefer gefiel ihr die Ästhetik nicht und sie wünschte sich einen Lückenschluss in regio 35. Im Rahmen der Gesamtsanierung sollten acht Implantate im Oberkiefer und ein Implantat in regio 35 gesetzt werden, um diese Bereiche festsitzend zu versorgen (Abb. 2). Zeitlich versetzt sollten daraufhin im Unterkiefer die Frontzähne mit Veneers kosmetisch versorgt und die Seitenzähne mit Kronen stabilisiert werden.
Im Folgenden wird lediglich auf die zuerst vorgenommene festsitzende Versorgung im Oberkiefer fokussiert.
Festsitzende Sofortbelastung
Nach der Inserierung der acht Implantate (SIC invent) im Oberkiefer (Abb. 3) und der Sofortbelastung mit einem festsitzenden Langzeitprovisorium sollte nach einer Einheilzeit von vier Monaten der definitive Zahnersatz hergestellt werden. Im Vorfeld sollten Ästhetik, Okklusion, Funktion und Phonetik im biodynamischen Umfeld des Mundes zusätzlich mit einem implantatprothetischen Mock-up auf dem definitiven Steg getestet werden. Die Situation wurde für die Fertigung einer Arbeitsgrundlage mit aufgeschraubten Abformpfosten offen abgeformt (Abb. 4 und 5). Nach der Meistermodellherstellung diente das SIC Multi-Unit-Abutment-System mit angulierten Aufbauten für den entsprechenden prothetischen Einschub als Primärgerüst. Die Situation wurde gescannt (Scanner Medit T710) und darauf der Zahnersatz aus einem Guss in der exocad Software konstruiert. Als Vorlage diente dafür die Highfield.Design Zahndatenbank (Abb. 6 bis 8). Der Datensatz wurde anschließend in das Modul B4D iBar der Blenderfordental Software transferiert und dort in Stegkonstruktion und Überwurf aufgesplittet (Abb. 9 und 10).









Stegkonstruktion und Provisorium
Die definitive Stegkonstruktion aus Titan konnte nun subtraktiv aus dem Rohling Starbond Ti5 Disc (S&S Scheftner) mit der Milling Unit imes-icore CORiTEC 350i PRO gefräst werden (Abb. 11 bis 13). Zeitgleich wurde passend dazu das implantatprothetische Mock-up aus dem GR-21 Try-in-Resin in der Farbe A2 (pro3dure medical) mit dem Drucker Elegoo Saturn 2 additiv gefertigt (Abb. 14). Beides passte nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip zueinander (Abb. 15). Nach der Ausarbeitung beider prothetischer Komponenten wurden diese an den Klebeflächen mit dem Vita VM LC Primer konditioniert, über das Kaltpolymerisat Vita VM CC A2 miteinander verbunden und für drei Tage eingegliedert, um wie geplant Funktion, Okklusion, Ästhetik und Phonetik im biodynamischen Umfeld zu testen. Nach einem zwischenzeitlichen positiven Feedback aus der Praxis konnte damit begonnen werden, den definitiven Überwurf aus Vita YZ Multi Translucent herzustellen.





Fräsen und Sintern
Der Fräsauftrag für die CAD/CAM-gestützte Fertigung des definitiven Überwurfs aus Vita YZ Multi Translucent A2 wurde gegeben (Abb. 16 bis 18). Nach dem subtraktiven Workflow wurde die Rehabilitation bis auf den lingualen Stützbereich aus der Ronde herausgetrennt. Letzte Details der Mikromorphologie und Textur wurden noch im Kreidestadium eingearbeitet (Abb. 19 und 20). Dafür waren lediglich ein Zirkonoxid-Fräser, ein Zirkonoxid-Skalpell, eine Drahtbürste aus Edelstahl und ein Pinsel notwendig. Die Arbeiten erfolgten unter einer Lampe, um mit dem Spiel aus Licht und Schatten Kontraste zu schaffen und so den Arbeitsstand überprüfen zu können (Abb. 21 bis 26).










Gingivale Individualisierung und Finishing
Nach dem Sintern wurden die mukogingivalen Anteile mit der universellen Verblendkeramik Vita Lumex AC reproduziert, wobei nur drei verschiedene Gingivamassen nötig waren, um die Anatomie des Patienten plastisch zu simulieren (Abb. 27). Die Papillenbereiche erhielten ihre natürliche Wirkung mit Vita Lumex AC Gingiva rosewood, die Alveolar- und Zervikalregionen mit Gingiva nectarine. Die restlichen Bereiche wurden mit Gingiva light rose komplettiert. Nach einem ersten Brand wurde der gesamte Verblendbereich homogen mit transluzentem Enamel clear überschichtet, um die darunter liegenden Modellationen dreidimensional aus der Tiefe wirken zu lassen.
Implementierte Ästhetik
Da in den Zirkonoxid-Rohling schon alle grundlegenden ästhetischen Anforderungen für eine Simulation der natürlichen Zahnhartsubstanz implementiert waren, wurden im Zahnbereich nur minimale Charakterisierungen vorgenommen. Mit dem Malfarbensystem Vita Akzent Plus wurde zervikal und in den okklusalen Tiefen mit Body Stains 03 (orange), inzisal mit Effect Stains 12 (grau-blau) charakterisiert.
Das Finishing des Überwurfs erfolgte mit einem homogenen Auftrag von Vita Akzent LC Glace Spray und der Hochglanzpolitur mit Baumwollschwabbel und Vita Polish Cera. Nach der Ausgliederung wurde das additive Mock-up vom definitiven Steg entfernt. Es folgte die Konditionierung des Stegs und des Überwurfs durch Sandstrahlen, Plasmabehandlung und den universellen Vita VM LC Primer. Schließlich wurden die beiden prothetischen Komponenten mit dem Befestigungskomposit Vita Adiva F-CEM A2 Universal miteinander verbunden.
Eingliederung und Fazit
Nach dem Einschrauben der Arbeit (Abb. 28 und 29) und dem Verschluss der Schraubenkanäle mit Teflonband und Komposit, zeigte sich eine hochästhetische Rehabilitation, die der Patientin sofort ein natürliches Lächeln ins Gesicht zauberte (Abb. 30). Vita YZ Multi Translucent erwies sich als cleveres Zirkonoxid aus zwei verschiedenen, bewährten Materialrezepturen, die fließend ineinander übergehen. Direkt auf dem metallischen Sekundärgerüst maskierte das Zirkonoxid zuverlässig und war robuster, um dann im Verlauf nach inzisal seine ganze Ästhetik mit zunehmender Transluzenz zu entfalten. Im präsentierten Fall waren im Bereich der Zähne keinerlei Individualisierungen nötig, um Hochästhetik zu erreichen und den Wunschvorstellungen der Patientin gerecht zu werden (Abb. 31 und 32).






Materialseitige Gratwanderung
Vita YZ Multi Translucent simuliert die Zahnhartsubstanz im Zusammenspiel mit dem integrierten Farbverlauf so natürlich und farbtreu zum Vita Farbstandard, dass Anwender sich bei dentalen Rekonstruktionen voll auf Morphologie und Textur konzentrieren können. Natürlich wurden Zirkonoxid-Rezepturen schon gewinnbringend miteinander kombiniert. Ein so ausgewogener und größtmöglicher Spagat zwischen opaker Biegefestigkeit und natürlicher Transluzenz ist bisher allerdings noch nicht gelungen. Zwei völlig gegensätzliche Eigenschaften wurden durch das harmonische Wechselspiel der beiden Zirkonoxid-Rezepturen maximal gewinnbringend ausbalanciert. Mit Vita YZ Multi Translucent ist eine innovative Gratwanderung gelungen, die den Wunsch nach einem Material für alle Indikationsbereiche Wirklichkeit werden lässt.




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Dr. Georg Bayer
Dr. Bayer & Kollegen Zahnärzte
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86899 Landsberg am Lech
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