Bericht
Grundlagen & Forschung
27.06.24
Ausblick auf die Zahnheilkunde im März 2025
Orientierungspunkte für dentale Innovationsfelder von heute und morgen
Die Akteure in der Zahnheilkunde sind gut trainiert darauf, Impulse aus verschiedensten Gebieten aufzunehmen. Die Potenziale Künstlicher Intelligenz und nachhaltiger Wirtschaftsweisen rücken zurzeit ganz nach oben. Wo werden wir im März 2025 stehen?
Warum März 2025? – Klar: Vom 25. bis zum 29. März 2025 findet in Köln die nächste Internationale Dental-Schau (IDS) statt. Auf diesen Zeitpunkt richten Dentalunternehmen ihre Innovationszyklen aus. Damit liegt auch der ideale Zeitpunkt für Zahnärzte, Zahntechniker und ihre Teams fest, sich über die großen Linien der Innovation und über Produkte für ihren Praxis- bzw. Laboralltag zu informieren.
Aber welche Trends und Produkte dürfen wir für die IDS 2025 erwarten? Ganz oben auf der Agenda stehen zwei Trends von gesamtwirtschaftlichen und gesellschaftspolitischen Dimensionen, die gleichzeitig speziell zahnheilkundliche Aspekte bergen: Künstliche Intelligenz und Nachhaltigkeit.
Fortsetzung der Digitalisierung mit anderen Mitteln
Digitale Technologien haben in den vergangenen 20 Jahren den Design-Prozess und die Herstellung von prothetischen Restaurationen, von kieferorthopädischen Apparaturen und vielem mehr tiefgreifend verändert. So führen heute volldigitale Vorgehensweisen selbst bei komplexen Arbeiten zum Ziel.
Interessant ist dabei ein Blick auf die Grenzgebiete: Noch nicht allgemein üblich, aber im Prinzip möglich ist beispielsweise die Erarbeitung komplexer Arbeiten (z. B. Modellguss) im Labor aufgrund eines einzigen Intraoralscans. Dabei entfallen Sammelabformungen von Primärteilen, Bissnahmen und Gesamtanproben – und mit ihnen eine Reihe von Zwischenterminen für den Patienten.
Die konsequente Digitalisierung von Prozessen in der Zahnheilkunde führt auch zur Verfügbarkeit von immer mehr Daten. So ist der Weg für Künstliche Intelligenzen bereitet. Denn sie bauen nun auf diesen Daten auf, lassen sich daran trainieren und machen schließlich selbsttätig Vorschläge – beispielsweise für das Design einer Krone oder eines Aligners.
Ähnlich in der Implantologie: Die digitale Vorgehensweise hat das Backward-Planning vom prothetischen Wunschergebnis zurück zu den Implantaten, ihren Positionen und Einschubwinkeln ermöglicht. KI wird in Zukunft häufiger eigene Vorschläge für die Planung einer implantologischen Behandlung präsentieren. Damit wird der gesamte Prozess beschleunigt, doch mehr als das: Die Künstliche Intelligenz kann auch individuelle Parameter, wie zum Beispiel Kaukraft und Knochenqualität des Patienten beim Auffinden der optimalen Implantatposition berücksichtigen.
Mehr Materialien für Implantate und Prothetik
Eine gesonderte Betrachtung verdienen die zahnheilkundlichen Werkstoffe. Die Optionen haben sich – nicht zuletzt dank digitalgestützter Fräs- bzw. Schleifverfahren – in den letzten Jahren vervielfacht. War es vor 25 Jahren praktisch gesetzt, dass eine Krone oder ein Kronengerüst im Labor aus Gold hergestellt wurde, so lässt es sich heute alternativ dazu aus Zirkonoxid-, Lithiumdisilikat-, Lithiumsilikat-Keramiken (um nur die wichtigsten zu nennen) fertigen. Ein Implantat besteht klassischerweise aus Titan. Heute stehen auch Keramiken (z. B. Zirkonoxid) und Kunststoffe zur Verfügung. Bei Kunststoffen wie PEEK/Polyetheretherketon könnte sogar durch eine Verstärkung mit Kohlefasern unterschiedlicher Länge die Steifigkeit des Materials gezielt eingestellt werden, um die Lastübertragung auf den Kieferknochen zu verbessern; auch dabei ist eine KI-Unterstützung denkbar. Denn die Materialforschung stellt sogar ein besonders erfolgsträchtiges Spielfeld für Künstliche Intelligenz dar. Sie lernt schnell, Zusammensetzungen, Mikrostrukturen und Makroeigenschaften zu verbinden und schlägt neue Werkstoffkandidaten vor. So sind deutlich weniger Experimente nötig als bisher, womit die Forschung und Entwicklung auf ein höheres Tempo kommt. Mit dem 3D-Druck kommen abermals neue Möglichkeiten für die prothetische Versorgung hinzu. Das schließt unterschiedliche Verfahren, wie etwa das Selective-Laser-Melting (SLM), die photopolymerisationsbasierte Stereolithographie (SLA), das Digital-Light-Processing (DLP) und das Fused-Deposition-Modeling (FDM), und unterschiedliche Materialien ein, von der Kobalt-Chrom-Legierung bis zu verschiedenen Druckharzen.
Diese Harze stehen zurzeit auf der Schwelle vom Werkstoff für Langzeitprovisorien hin zum definitiven Zahnersatz. Das Verfahren als Ganzes ist insofern besonders nachhaltig, als (fast) kein Ausschuss anfällt; bei subtraktiven Verfahren muss die weggeschliffene bzw. weggefräste Keramik verworfen werden.
Füllungen: KI unterstützt Brot-und-Butter-Behandlung
Neben Prothetik, Kieferorthopädie und Implantologie profitieren auch andere Bereiche der Zahnheilkunde von Künstlicher Intelligenz, allen voran die restaurative Zahnheilkunde. Schon bei der Befundung spielt KI ihr großes Potenzial bei der Mustererkennung aus. Insbesondere erkennt sie in Röntgenbildern Karies ausgezeichnet und Initialkaries sogar besser als der „menschlich-intelligente“ Zahnarzt. Aktuelle Künstliche Intelligenz kann direkt ein Zahnschema generieren, mit allen Zähnen, mit Füllungen, mit Zahnersatz und mit kariösen Läsionen. Es wird unmittelbar klar, wo beispielsweise eine Füllungstherapie angezeigt ist. Und digital dokumentiert ist das dann auch schon.
Die Endodontologie könnte sich in Zukunft als das ideale Spielfeld für KI erweisen, und zwar schlicht, weil hier so viele digitale Daten erhoben werden. Man denke nur an digitale Röntgenbilder, Feilen mit ihren Einschubwinkeln, Drehmoment-Monitoring, endometrische Längenmessungen. Einschränkend bleibt festzuhalten: Möglicherweise braucht die Künstliche Intelligenz für eine optimale Hilfestellung in der Endodontologie mehr Daten, zum Beispiel auch die Anpressdrücke von Feilen.
Rein analog war gestern – heute wird‘s digital rein
Selbst in so klassisch analoge Bereiche wie die Hygiene dringt Unterstützung durch digitale Systeme. Beispiel Hände: Über Transponder und Antennen wird das Signal versendet, dass Mitarbeiter X den reinen Bereich einer Großpraxis oder Klinik betreten und sich vorher die Hände desinfiziert hat. Der Händedesinfektionsmittelspender gibt selbst über Funk die Information weiter: „Bin betätigt worden“. Studien der Universität Göttingen dazu sind schon so weit gediehen, dass man sich bereits überlegt, welche Anonymisierungen und Zugriffskontrollen ein solches System braucht, um allerseits Akzeptanz zu finden.
Für größere Einheiten kann über solche Systeme womöglich in Zukunft der Nachschub von Hygienemitteln bedarfsgerecht gesteuert werden. Das schafft die Sicherheit, die sich jeder wünscht und überzeugt auch in puncto Ressourcenoptimierung – aus ökonomischen wie aus Umweltgesichtspunkten.
Auch in Zahnarztpraxen üblicher Größe bieten sich gerade im Bereich der Hygiene größere Spielräume für nachhaltiges Wirtschaften, als mancher vermutet hätte. Zu den aktuellen Ideen zählen beispielsweise plastikfreie und ergiebige Desinfektionstücher mit breitem Wirkungsspektrum auf der Basis von Naturfasern aus zertifizierter Forstwirtschaft.
Nachhaltige dentale Versorgungseinrichtungen
Eine andere Chance zum nachhaltigen Desinfizieren bietet sich bei der zahnärztlichen Sauganlage: Bei zuverlässiger Wirkung schonen pH-neutrale Mittel das technische System. So bleibt es länger in einsatzfähigem Zustand. Die nachhaltige Reinigung kann mit einem Präparat auf der Basis von Zitronensäure erfolgen statt mit herkömmlichen Präparaten auf der Basis anorganischer Säuren. Ein Blick in die Produktinformationen von zahnärztlichen Mitteln zur Desinfektion und Reinigung zeigt, inwiefern sie nach der einschlägigen OECD-Richtlinie biologisch abbaubar sind. Für das Reinigungsmittel sind 100 Prozent erreichbar; für das Sauganlagen-Desinfektionsmittel gelten 95 Prozent als guter Wert.
Darüber hinaus kann die Sauganlage selbst den CO2-Abdruck einer Praxis geringhalten. Verfügt ein System über die moderne Radialtechnik (statt der klassischen Seitenkanalverdichtung), kann das den Energieverbrauch um bis zu 75 Prozent verringern.
Außerdem hilft oft digitale Technik. Zum Beispiel lassen sich dentale Versorgungssysteme an eine Cloud koppeln; über sie erhalten verantwortliche Personen (z. B. Chef/Chefin, Hygienebeauftragte, Technischer Servicemitarbeiter des Dentaldepots) Statusmeldungen in Echtzeit. Bei Auffälligkeiten lässt es sich schnell gegensteuern und ein sicherer Praxisbetrieb ohne Ausfälle gewährleisten. Vieles schafft der Techniker mit der Information aus der Cloud schon per Fernwartung, womit wieder eine Anfahrt, verbunden mit CO2-Ausstoß seines Autos, entfällt.
Fazit
Jenseits der Topthemen „Künstliche Intelligenz“ und „Nachhaltigkeit“ bewegen viele Details die Zahnheilkunde auf allen ihren Teilgebieten. Am Horizont werden bereits robotergestützte chirurgische Verfahren und stärker biologisch ausgerichtete Therapien sichtbar (Stichworte: Stammzellen, Geweberegeneration, personalisierte Behandlungen).
Einen umfassenden Überblick über aktuell greifbare Produktinnovationen für Praxis und Labor präsentiert die IDS vom 25. bis zum 29. März 2025 in Köln. Dabei gibt sie bereits einen Ausblick auf eine nicht mehr ganz so ferne Zukunft, in der Künstliche Intelligenz und biologische Therapieformen der Zahnheilkunde wieder neue Impulse geben werden.
Bericht
Grundlagen & Forschung
27.06.24
Ausblick auf die Zahnheilkunde im März 2025
Orientierungspunkte für dentale Innovationsfelder von heute und morgen

Weitere Beiträge zum Thema