Interview
Markt & Innovationen
28.02.25
Die Natur, vorwärtsgewandt zu denken
ceraMotion One Touch: Eine Revolution in der Welt der Vollkeramik
dd Redaktion
Carine Quémard, Werkstoffwissenschaftlerin bei Dentaurum Ceramics in Angers/Frankreich, gehört zum Entwicklungsteam von ceraMotion One Touch. Im Interview erzählt sie, wie sie rückblickend die Entwicklungszeit sieht und was aus wissenschaftlicher Sicht bei der Pastenkeramik so besonders ist.
Das erste Gespräch aus der Interview-Reihe zu ceraMotion One Toch lesen Sie hier: Liebe mit der ersten Schicht
Frau Quémard, hatten Sie bei der Markteinführung von ceraMotion One Touch im Jahr 2016 das Gefühl, Sie und Ihr Team seien mit diesem Produkt der Zeit voraus?
Carine Quémard: Für uns als Entwickler war ceraMotionOne Touch der nächste logische Schritt in der Evolution von Verblendkeramiken. Wir haben diese neue Ära bewusst eingeläutet. Gerüstwerkstoffe, insbesondere Zirkonoxid, haben sich weiterentwickelt und damit auch die Anforderungen an eine darauf abgestimmte Verblendkeramik. Mit ceraMotion One Touch sind wir dem gerecht geworden. Wir hatten nicht das Gefühl, der Zeit voraus zu sein, sondern vielmehr vorausschauend auf die Bedürfnisse des Marktes und die Entwicklungen zu reagieren. Die positive Resonanz war eine tolle Bestätigung für unsere Arbeit. Schon damals spürten wir, dass Zahntechniker dankbar für die neue Art von Keramik waren. Heute – mit etwas Abstand – sehen wir, dass unsere Entscheidungen richtig waren. Der Erfolg von ceraMotion One Touch stärkt unser Engagement und motiviert uns, weiter vorausschauend zu denken und zu arbeiten. Denn genau das macht unseren Beruf als Wissenschaftler so spannend und erfüllend.
Was unterscheidet ceraMotion One Touch von anderen Verblendkeramiken?
Quémard: ceraMotion One Touch ist eine Pastenkeramik für die Veredelung von Zirkonoxid- und Lithiumdisilikat-Gerüsten. Bei der Entwicklung haben wir sowohl die Zusammensetzung der Keramik als auch die Verarbeitung optimiert. Selbst bei hauchdünnen Schichtstärken lässt sich eine natürliche Ästhetik erzielen. Grundsätzlich wird die Farbgebung wesentlich durch Lichtstreuung beeinflusst. Dies ist ein komplexes Phänomen, bestimmt durch Transmission und Reflexion des Lichtes innerhalb der Restauration und ihrer Umgebung, also Zähnen und Gingiva. Für die naturgetreue Imitation von Zähnen ist es entscheidend, die Transluzenzeffekte der Keramik präzise steuern zu können. Bei der Entwicklung von ceraMotion One Touch legten wir besonderes Augenmerk darauf, dass trotz dünner Materialschicht eine überzeugende Tiefenwirkung entstehen kann. Was sie von der gängigen Keramik noch unterscheidet, ist ihre Verarbeitung. Die 2D- und 3D-Pasten sind als gebrauchsfertige Mischung einfach anzuwenden. Ihre Konsistenz sorgt für eine gleichmäßige Benetzung der Oberflächen. Der thixotrope Effekt bewirkt eine ausgezeichnete Haftung auf dem Gerüst und ermöglicht eine präzise Schichtung. Eine weitere Besonderheit ist die Partikelgröße. Die 2D-Pasten weisen im Vergleich zu herkömmlichen Pulvern eine sehr kleine Korngröße von 9 μm auf. Die 3D-Pasten haben eine mittlere Korngröße von 19 μm, sodass Morphologie und Texturen detailgetreu geschichtet werden können.





Können Sie beschreiben, welche Inspiration und Motivation hinter ceraMotion One Touch steckt?
Quémard: Wir wollten nicht einfach eine weitere Verblendkeramik entwickeln. Vielmehr wollten wir Zahntechnikern ein komplett neues Produkt an die Hand geben, das die tägliche Arbeit erleichtert und auf moderne Arbeitsweisen abgestimmt ist. Schon damals waren die Gerüstwerkstoffe wie Oxid- und hochfeste Silikatkeramiken deutlich ästhetischer als noch in ihren Anfängen. Und es war absehbar, dass die Entwicklung rasant voranschreiten würde. Als Werkstoffentwickler liegt es in unserer Natur, vorwärtsgewandt zu denken. Auch unsere Forschung hat sich intensiv mit der Optimierung moderner Zirkonoxide beschäftigt. Und wir wussten, dass trotz verbesserter Gerüstwerkstoffe die zahntechnische Verblendung in vielen Fällen unverzichtbar bleiben würde. Denn auch wenn sich Materialien und Verfahren ändern, bleibt der zahntechnische Anspruch an individuelle Ästhetik bestehen. Unsere Inspiration war der Wunsch, eine Verblendkeramik zu entwickeln, die diesen Ansprüchen gerecht wird. Motivation fanden wir bei den Zahntechnikern, die uns während der Entwicklung intensiv unterstützt haben. Die enge Zusammenarbeit war sehr bereichernd. Denn letztlich wissen Zahntechniker am besten, was sie brauchen. Wir in der Produktentwicklung versuchen, diese Wünsche mit sicheren, verlässlichen Werkstoffen zu bedienen.
Welche technischen Herausforderungen gab es bei der Entwicklung und wie konnten diese gelöst werden?
Quémard: Wie für solche Innovationsprojekte typisch, sind wir auf viele Herausforderungen gestoßen. Als Forscher sehen wir darin den Ansporn, Lösungen zu suchen. Eine technische Herausforderung war beispielsweise die Dichte der Verblendkeramik. Die Pilotanwender betonten den Wunsch nach einer absolut homogenen Keramik. Probleme wie Porositäten, die nach dem Brennen kleine Bläschen hinterlassen, oder nicht verschmolzene Körner, die als weiße Flecken auf der Keramik erscheinen, sind nicht akzeptabel. Also haben wir die Partikelgröße durch spezielle Verfahren wie Luftmikronisierung und planetare Bewegung reduziert. Die Keramik ist so konzipiert, dass sie sich beim Brennen selbst verdichtet, was sich auf die Mikrostruktur auswirkt. Außerdem haben wir intensiv an der Modellierflüssigkeit geforscht, um die Dichte der Keramik kontrollieren zu können. All dies führte zu einer sehr homogenen Keramik. Das Ergebnis ist eine porenfreie Oberfläche mit geringer Abrasion und reduzierter Plaqueanlagerung. Ein anderer Aspekt betraf die Opaleszenz. Um der Keramik eine gute Opaleszenz ohne Zusatz von Farben zu verleihen, haben wir ein neues Verfahren – die Thermokoloration – entwickelt.
Inwieweit haben das Feedback bzw. die Anforderungen der Zahntechniker die Entwicklung von ceraMotion One Touch beeinflusst?
Quémard: Unser Ziel war, eine Keramik von Zahntechnikern für Zahntechniker zu entwickeln. Dafür war die Zusammenarbeit mit Pilotanwendern unerlässlich. Zahntechniker aus ganz Europa haben ihre Erfahrungen und Wünsche eingebracht. Sie haben die Keramikmassen immer wieder unter realen Laborbedingungen getestet und uns Rückmeldungen gegeben. Mit ihrem direkten „Urteil“ stellten sie uns Aufgaben, die es zu erfüllen galt. Es war wie ein ständiger Dialog, in dem sie uns sagen konnten, wo Hürden und Fallstricke im täglichen Einsatz liegen. Diese Zusammenarbeit ermöglichte es uns, nicht an tatsächlichen Bedürfnissen vorbei zu entwickeln, sondern gemeinsam Lösungen zu finden. Letztlich führte die enge Interaktion dazu, dass ceraMotion One Touch heute genau das leistet, was im zahntechnischen Alltag benötigt wird.
Können Sie einen kurzen Einblick in die Werkstoffkunde der pastösen Keramiken geben? Was ist das Besondere und wie profitieren die Keramiker davon?
Quémard: Die Keramikpasten werden aus Glasfritten hergestellt, die man durch das Aufschmelzen einer Mischung verschiedener Keramikoxide bei 1500 °C gewinnt. Mit hochtechnologischen Verfahren wie der Thermokoloration und dem Mahlen der Fritten mittels Luftdüsentechnik entsteht das Produkt. Bei der Entwicklung von ceraMotion One Touch haben wir verschiedene Herstellungsparameter optimiert: die thermodynamische Analyse der Phasentrennung während der Glasschmelze, die Rolle der Abkühlrate des Glases, das Auflösungsverhalten von Trübungsmitteln etc. Hervorzuheben ist auch die Entwicklung eines Gels, das die Viskosität verbessert und ceraMotion One Touch zur ersten Verblendkeramik in Pastenform werden ließ. Die Inhaltsstoffe für die Keramik sind hochreine synthetische Oxide, die in der Mikrostruktur verteilt sind. Wir haben eine strenge Auswahl getroffen und nur beste Rohstoffe verwendet. Die Gefahr von Verunreinigungen, wie sie bei Feldspatkeramiken gelegentlich auftreten, ist somit ausgeschlossen. Mit den 2D- und 3D-Pasten lassen sich im Laboralltag vergleichsweise einfach natürliche Oberflächeneffekte reproduzieren sowie Form und Farbe einer Restauration anpassen. Durch das Mischen der 2D- und 3D-Pasten in beliebigem Verhältnis hat der Anwender die Freiheit, eine eigene Farbpalette zu kreieren. In Kombination mit den ceraMotion Stains Universal eröffnen sich unendliche Farbmöglichkeiten. Die feine Korngröße in Verbindung mit ihrer Transluzenz verbessert die Farbanpassung der Restauration, während durch die hohe Brennstabilität die Morphologie zuverlässig erhalten bleibt. Die thixotropen Eigenschaften der Pasten ermöglichen eine präzise Formgebung, z. B. im Inzisal- und Okklusalbereich oder bei approximalen Kontaktflächen. Kurz gesagt, ceraMotion One Touch gibt Zahntechnikern Tag für Tag die Sicherheit, ihre Arbeit präzise auszuführen und konstant gute Ergebnisse zu erzielen.

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