Fachbeitrag

Technik

20.10.24

In 7 Schritten vom 7er bis zum 7er

Arbeitsvorbereitung: Wie Modeling-Softwares den zahntechnischen Alltag leichter machen

Ztm. Philip Wolf

Intraoralscanner haben ihre Indikation in den vergangenen Jahren stark ausgeweitet. Sie meistern inzwischen fast alles mit hoher Präzision, scannen über den gesamten Kieferbogen und schaffen selbst große Höhenunterschiede. Das birgt für das zahntechnische Labor die Chance, die Arbeitsvorbereitung ebenfalls mit reichlich digitaler Unterstützung anzugehen.

Die Arbeitsvorbereitung und hier insbesondere die Herstellung eines Meistermodells zählt zu den ebenso aufwendigen wie konzentrationsintensiven Schritten, und dennoch lässt sich hier in der Regel weder großer Ruhm gewinnen noch ökonomisch richtig gut punkten. Darum suchen zahntechnische Labore nach Möglichkeiten, an dieser Stelle die Kosten zu reduzieren und dem ganzen Team das Leben leichter zu machen. Immer besser gelingt dies jetzt dank leistungsfähiger Software, z. B. Sheraeasy-model, wie sich im Folgenden zeigt.

Herausforderndes Fallbeispiel
Der Patient stellte sich mit der Bitte um eine Neuversorgung im Oberkiefer vor. Er trug eine teilweise herausnehmbare Arbeit mit einem Transversalbügel und mit Zahnrestaurationen aus einer hochgoldhaltigen Edelmetalllegierung. Sein Wunsch ging in Richtung einer festsitzenden und komplett gaumenfreien Versorgung aus Nichtedelmetall. Damit lief alles auf eine implantologische Therapie hinaus, ergänzt durch verschiedene Kronen- und Brückenrestaurationen. Der Fall wurde überdies formal in der Software mit dem Patientennamen angelegt (Abb. 1 und 2).

Im Einzelnen waren für die Zähne 14, 13, 12, 11, 21, 23 und 24 insgesamt sieben Kronen anzufertigen. Drei Implantate waren in regio 15 und 17 sowie 24 zu inserieren und prothetisch zu versorgen. Dafür wurden zwei Brücken vorgesehen (von 15 auf 17 sowie von 25 auf 27). Dabei lag ein besonderes Augenmerk auf der Erstellung des zahntechnischen Modells. Dazu wird im Folgenden ein weitgehend digitalgestützter Weg aufgezeigt. Zu Beginn wurden die Daten der Intra­oralscans für Oberkiefer und Unterkiefer importiert (Abb. 3). Die Software generiert anhand der Ausrichtung (okklusal) und Fixierung mit Haken den Modellboden samt Sockelerweiterung. Dank eines neuen Add-on-Tools („One-Click“; Abb. 4) konnte das Modell anschließend in einer Position fixiert werden – einfach Modell auswählen und einen Haken setzen. Diese Funktion ist vor allem bei Modellen ohne herausnehmbare Stümpfe wichtig (z. B. Situ-Modelle, Mock-ups; Gegenkiefer von Vorteil). Die Stümpfe werden nun freigelegt, und die Software macht einen Design-Vorschlag, worauf das eigentliche CAD-Design am Bildschirm erfolgt (Abb. 5). Im Zuge dessen werden eine individuelle Gravur angebracht (Abb. 6), auch die Gingiva designt (Abb. 7) und die Kieferkammmitte angelegt (Abb. 8). Um ein Implantat in das Modell einzufügen, wurden die Position, das Implantatsystem, das spezielle Implantat und der passende Scanbody ausgewählt (Abb. 9). Damit ist die spätere Passung von dazugehörigen Originalteilen in aller Regel gewährleistet.

Unter dem Punkt „Daten aufbereiten“ wurden Frühkontakte einradiert (Abb. 10). Dies kann im Oberkiefer oder Unterkiefer vorgenommen werden und geschieht anhand eines bestimmten voreingestellten Werts. Nicht benötigte Teile des virtuellen Modells wurden entfernt und beseitigt, indem sie längs einer definierten Linie einfach geglättet bzw. bereinigt wurden (Abb. 11 und 12). Auch Scanfehler oder Irritationen des Modells können über die Funktion „Beschneiden“ herausgeschnitten werden (z. B. Verfälschungen der Präparationsgrenze). Dies erleichtert die Stumpfherstellung. Nichtrealistische Vertiefungen und sonstige Artefakte lassen sich glätten. Dabei werden beschnittene „Löcher“, die aber eine Funktion haben, automatisch wieder neu generiert. Das praktische Vorgehen im Labor sieht folgendermaßen aus: Die Artefakte werden herausgeschnitten und mit der Funktion „Löcher schließen“ bereinigt (Abb. 13).

Bei der anschließenden Prüfung erwies sich die hohe Flexibilität, mit der über das „Kontrollfenster“ Tiefe und Durchmesser variiert werden können, als hilfreich. Auf diese Weise wurde der perfekte Sitz kontrolliert bzw. gewährleistet. Dabei wurden die unterschiedlichen Einstellmöglichkeiten genutzt und der Modellsockel, wo nötig, erweitert (Abb. 14 bis 16). Als optimale Länge eines konischen Stumpfes wurde der „Default-Wert“ des Herstellers von 10 auf 12,5 mm modifiziert. Theoretisch kann es bei einer Verlängerung oder Verkürzung zu Passungenauigkeiten kommen; im realen zahntechnischen Alltag hat der Autor das aber noch nie erlebt. Hier dürfte sich die konsequente Verwendung der patentierten Stumpfgeometrie auszahlen, die im Softwarepaket hinterlegt ist ­(„Sheraprint-cone“). Was sich aber zu merken lohnt (Abb. 17): Der Zahntechniker kann von der Möglichkeit zur Sockelerweiterung Gebrauch machen, was der Stabilität des Modells dient; auch lassen sich so Begrenzungen für eventuelle individuelle Löffel schaffen. Damit erweist sich die Sockelerweiterung, über festsitzende Konstruktionen hinaus, gerade auch bei Teleskoparbeiten und generell bei herausnehmbarem Zahnersatz, als vorteilhaft. Denn am Ende gelangt man damit zu klaren Abgrenzungen für die Gestaltung des Funktionslöffels bei der Überabformung. Für ein nachhaltiges Arbeiten werden Abflusslöcher angelegt, damit das 3D-Druck-Material in die Wanne zurückfließen kann (Abb. 18). Auf diese Weise wird der Materialausschuss reduziert. Nach der Definition der Präparationsgrenzen und der Ausrichtung des Sockels wurden die Ausrichtung der Implantate festgelegt und anschließend Hilfsmarkierungen entfernt. Die Entnahme wurde in der Software überprüft, eine zusätzliche Kontrolle (Abb. 19). Beispielsweise sollten die approximalen Kontaktflächen nicht beschädigt oder auch nur touchiert werden.

Das fertig designte Modell erhielt eine wabenartige Stützstruktur – stabil und materialsparend zugleich (Abb. 20). Dieses sogenannte Konterstück half später beim exakten Einartikulieren (Abb. 21). Designt wurde diese Artikulationshilfe für gedruckte Modelle mit einem eigens dafür vorgesehenen Softwaretool („Sheraprint-­plate“). Das Konterstück passte genau auf die Artikulationsplatte und wurde mit einem Rotationsstopp in der richtigen Position gesichert (Abb. 22).
Für eine Drei-Punkt-Abstützung während der Artikulation kamen verschiedene Stabilisatoren („Attachments“) hinzu. Gleichzeitig sorgten Pins und Balken für eine sichere Lagerung der Modelle (Abb. 23).
Das digital erzeugte und das analoge (ausgedruckte) Modell glichen einander in ihrer Form wie ein Ei dem anderen (Abb. 24). Beiden entsprach auch die endgültige Arbeit im Mund des Patienten (Abb. 25). So wurde die Form der zahntechnischen Restauration(en) vom Modell über die gedruckte Arbeit (auf dem Modell) bis zur Situation im Mund des Patienten durchgehalten (Abb. 26).

Diskussion
Insgesamt handelte es sich um eine große Arbeit „vom 7er bis zum 7er“ mit Einzelstümpfen und Implantaten – insofern ein herausfordernder Fall. Da mussten die Dimensionstreue der Stümpfe, die Position der Implantate und die Kontaktpunkte 100-prozentig stimmen.

Eine Alternative zum hier gewählten Vorgehen wäre grundsätzlich die klassische analoge Methode gewesen. Sie birgt allerdings mehr Fehlerquellen und liefert daher im Vergleich keine so gut vorhersagbare Qualität wie bei einem konstant reproduzierbaren (digitalen!) Workflow.
Besonders wichtig war das im hier vorgestellten Fallbeispiel, weil eine großspannige Arbeit mit unterschiedlichen Komponenten und Kontaktpunkten in wenigen Arbeitsschritten zu bewerkstelligen war. Die eingesetzte Software („Sheraeasy-model“) inklusive Add-ons zur Herstellung des Modells hatte einen großen Anteil am Gelingen des hier praktizierten Verfahrens „in 7 Schritten zum Erfolg“.

Überzeugt hat bei dem dargestellten Workflow das einfache, intuitive Vorgehen. Dieses lässt sich genauso bei anderen Fällen anwenden. Das volldigitale Arbeiten kommt den im hiesigen Labor eingesetzten Verfahren entgegen. Eine analoge Modellerstellung erfolgt nur noch in Ausnahmefällen (implantatgetragene großspannige Stege und Teleskoparbeiten). Weil bei der hier verwendeten Software jeder Schritt in einem extra Fenster erklärt wird, kann jeder damit arbeiten und sogar „aus dem Stand sofort loslegen“. Der Bereich eines klassischen „Gipsers“ verschwindet, dafür entwickeln sich neue Tätigkeitsfelder für Digitalspezialisten. Das klingt höherwertig, ist es auch, und die damit verbundene Vorgehensweise erweist sich als erfolgsträchtiger. Denn der digitale Weg liefert längst so genaue Ergebnisse wie der analoge, wenn nicht sogar genauere. Und er bietet einfach mehr Möglichkeiten.
Darum sollte nach Einschätzung des Autors die im vorliegenden Fall verwendete Software in die Ausbildung integriert werden. Die junge Generation wächst schließlich digital auf, und so wird den Auszubildenden die Arbeitsvorbereitung mit modernen und enorm zeitsparenden Tools sicherlich Freude bereiten. Dank einer aktuellen Erweiterung lassen sie sich sogar übergreifend in Kombination mit praktisch allen bekannten dentalen Softwares einsetzen.

Kontakt
Ztm. Philip Wolf | edelweiss lab
Augsburger Str. 39
10789 Berlin
Tel. +49 30 81825907
office@edelweiss-lab.de
www.edelweiss-lab.de

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20 - Das fertig designte Modell erhält im unteren Sockelbereich für die Aufnahme der Konterplatte eine „Sheraprint-plate“ – stabil und materialsparend zugleich.

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