Fachbeitrag
Produkte & Lösungen
16.11.22
Wie ein Verblendkonzept unseren Alltag veränderte
Die Composite-Flow-Technique im Alltag eines kleinen Dentallabors
Zahntechnikermeister Richard Gerloff führt in Freiberg (Sachsen) ein kleines, auf ästhetisch-funktionellen Zahnersatz spezialisiertes Dentallabor. Ende 2019 besuchte er einen Workshop mit Fokus auf der „Composite-Flow-Technique by Moritz Pohlig“. Wie sie seinen Laboralltag verändert hat, beschreibt er in diesem Erfahrungsbericht.
Referent Ztm. Moritz Pohlig stellte sein Konzept für das Verblenden komplexer Restaurationen (zum Beispiel Kombi-Prothetik) mit Komposit vor und präsentierte den strukturierten Workflow zu ästhetisch brillanten Ergebnissen. Ich sagte damals: „Effizienz, Ästhetik, Eleganz. Die Composite-Flow-Technique, gepaart mit der unglaublichen Brillanz von Gradia Plus, eröffnet uns das Tor in eine neue Dimension.“ Und so war es auch!
Was brauchen wir wirklich, um in der Zahntechnik erfolgreich zu sein? Neben Leidenschaft, Fleiß und Duldsamkeit benötigen wir immer einen konkreten Plan; der Rest ist harte Arbeit. Fehlt der Plan, führt selbst die ambitionierteste Zahntechnik nicht zum Erfolg. Denn die Folge ist, dass alles unendlich kompliziert wirkt, unberechenbar und vage wird. Die Komplexität einer zahntechnischen Arbeit führt dann schnell an die eigenen Grenzen. Diese Lektion haben wir lernen müssen und zwar bei Komposit-Verblendungen in der Freihandtechnik. Wir standen vor einem Problem, welches wir dank einer konzeptionellen Vorgehensweise lösen konnten. Heute wissen wir, was eine brillante Komposit-Verblendung wirklich ausmacht. Aber von vorn.
Das Labor
Als kleines Dentallabor im Herzen von Sachsen agieren wir zielorientiert (Abb. 1). Auch wenn es immer so schön heißt „der Weg ist das Ziel“, ist doch letztlich das Ziel unser Ziel. Wir sind ein Team aus hochspezialisierten Zahntechnikern, die alle eine klare Perspektive haben. Und Perspektiven gibt es nur, wenn man sich welche schafft! Unser Ziel ist es, guten Zahnersatz herzustellen – möglichst nah an der Natur und noch näher am Patienten. Mir als Laborinhaber ist der Gedanke fremd, in einem Patienten nur einen Datensatz zu sehen. Vielmehr ist es die Spezialisierung auf bestimmte Bereiche, die unsere Arbeit bei Yourdent ausmacht: Keramik, Implantatprothetik und Kombi-Prothetik. Und auch wenn sich unsere Branche in den vergangenen Jahren stark verändert hat, bleiben wir grundlegenden Ansprüchen treu: der Liebe zum Detail sowie dem Anspruch an hochwertige Qualität und Servicebereitschaft. Durch das traditionelle zahntechnische Handwerk in Kombination mit digitalen Technologien entsteht Zahnersatz nach natürlichem Vorbild (Abb. 2 und 3). Gerade bei hochästhetischen Herausforderungen sind viele Arbeitsschritte bislang nur analog zufriedenstellend umsetzbar. Dazu gehört die Komposit-Verblendung in der Kombi-Prothetik.
Das Problem
Wie fast alle Dentallabore verblendeten wir Kombi-Arbeiten (zum Beispiel Doppelkronen-Prothesen) lange Zeit über die Freihandtechnik mit Komposit. Dabei stießen wir jedoch immer wieder an Grenzen. Das Verblenden über das freie Schichten bedeutete gerade bei größeren Restaurationen einen enormen Aufwand; trotzdem erreichten wir in vielen Fällen das gewünschte Ergebnis nicht beziehungsweise nur über Umwege. Ich spürte, dass uns für ein wirklich erfolgreiches, reproduzierbar gutes Ergebnis noch das i-Tüpfelchen fehlte. Das sollte sich ändern.
Der Weg zu mehr Reproduzierbarkeit
Manchmal kostet es mehr Kraft, sich nicht nach etwas Neuem umzusehen, als sich auf eine Veränderung einzulassen. Als kreativ arbeitender Zahntechniker bin ich stetig auf der Suche nach Verfahrenstechniken, die unsere Arbeiten noch schöner, besser und effizienter werden lassen. Mit offenem Blick verfolge ich auch die Social-Media-Aufritte von Ztm. Moritz Pohlig. Er präsentiert immer wieder eindrucksvoll, was mit einem modernen Komposit-Verblendsystem möglich werden kann. Wir haben dies erstmals im Jahr 2019 gesehen und waren sofort begeistert – von der Form, der Farbwirkung und der schier unglaublichen Natürlichkeit. Mein erster Gedanke: „Wow, das willst du auch eines Tages können.“ Kurze Zeit später wurde vom Unternehmen GC ein Workshop mit Moritz Pohlig angekündigt. Diese Chance nutzte ich sofort.
Die Offenbarung
„Keep it simple – die Composite-Flow-Technique by Moritz Pohlig“ – schon der Titel war vielversprechend. Wer will nicht mit Einfachheit zum bestmöglichen Ziel gelangen? „Keep it simple“ ist der Basiskurs, in welchem Moritz Pohlig die Grundlagen seines Konzeptes vermittelt (Abb. 4). Im einführenden Theorieteil erhielten wir fundierte Einblicke in die Werkstoffkunde hinter modernen Kompositen (zum Beispiel GC Gradia Plus). Zudem sensibilisierte der Referent dafür, wie wichtig gerade bei komplexen Restaurationen ein konkreter Plan ist. Wohin geht die Reise? Eigentlich klassisches Backward Planning, wie wir es in vielen zahntechnischen Bereichen seit Jahren anwenden. Und in dem Moment wurde mir klar, worüber wir bei Komposit-Verblendungen immer wieder gestolpert sind: Es kommt nicht darauf an, das Ergebnis einer zahntechnischen Arbeit vorherzusagen, sondern vielmehr darauf, es exakt vorzubereiten.
Der Referent
Moritz Pohlig beeindruckte während des Workshops mit bodenständiger Art und ausgezeichneter Didaktik. Behutsam führte er an die neue Verfahrensweise heran und begeisterte mit seinem Fokussiertsein. Und da war sie wieder, die Kernbotschaft: Um Erfolg zu haben, bedarf es einer konkreten Perspektive. Denn das Herstellen einer prothetischen Restauration ist keine einzige große Aufgabe, sondern eine Ansammlung von zahllosen Herausforderungen, die wir meistern müssen. Und das Schwierigste dabei ist, bei all dem den Überblick nicht zu verlieren. Doch wie schaffen wir es, das Ziel schnell und effektiv zu erreichen? Die Antwort war eine der wichtigsten Lektionen des Workshops: Fokussieren. Meine ohnehin hohen Erwartungen an den Kurs wurden bereits in der ersten Stunde übertroffen.
Die Composite-Flow-Technique
Die Composite-Flow-Technique ist ein sauber strukturierter Workflow, mit dem das Verblenden komplexer Restaurationen vorhersagbar realisiert werden kann (Abb. 5). Das Vorgehen ist geradlinig auf das Ergebnis orientiert. Grundlage bildet die Küvettentechnik, welche für homogene Verblendungen, frei von Luftbläschen oder Einschlüssen, sorgt. Besonderheit der Systematik ist jedoch, dass der ganze Workflow – vom diagnostischen Wax-up bis zur definitiven Restauration – in einer durchdachten Systematik skizziert ist. Planbar und systematisch, das macht die Composite-Flow-Technique verlässlich. Mir wurde bereits zu Beginn des Workshops klar, dass diese Planbarkeit bei der Freihandtechnik schlicht und einfach fehlt. Während des Kurses verblendeten wir mit der Composite-Flow-Technique ein Metallgerüst von A bis Z. Wir überführten ein Wax-up mithilfe einer Küvette und transparentem Silikon (Briegel Dental) eins zu eins in eine erstklassige Komposit-Verblendung. Das Ergebnis war erstaunlich und überzeugte mit Treffsicherheit. Dieser Workflow lässt einfach keinen Raum für Unsicherheit. Und von nun an war alles beinahe ein Selbstläufer.
Das i-Tüpfelchen
Mit der Gewissheit, dass wir in unserem Labor mit dieser Systematik einen riesigen Qualitätssprung nach vorn machen würden, setzte ich mich mit meiner vollen zahntechnischen Leidenschaft damit auseinander. Und wie das bei mir so ist, wollte ich lieber heute als morgen beginnen, die neue Technik im Labor umzusetzen. Nachdem wir das Equipment (Küvetten et cetera) und das Komposit-Verblendsystem (Gradia Plus, GC) besorgt hatten, ging es zeitnah an die erste Arbeit.
Das Wax-up als Arbeitsgrundlage gehörte bei uns schon immer zum Workflow. Doch nun hatten wir endlich ein Tool, um das Wax-up effizient in Komposit zu überführen; ein echter Meilenstein für unser Team. Gerade ästhetisch anspruchsvolle, komplexe Patientenfälle bedürfen einer guten Planung und einer sicheren Methodik. Denn letztlich nutzt das beste Wax-up, welches am Patienten bis zur Perfektion angepasst worden ist, nichts, wenn es nicht eins zu eins auf die definitive Arbeit übertragen werden kann. Diese Herausforderung wird uns durch die Composite-Flow-Technique enorm erleichtert. Wir haben die Technik nun seit zwei Jahren im Laboralltag etabliert und sind noch immer so begeistert wie am ersten Tag. Es sind die Sicherheit und die Planbarkeit, womit sich die mit Patient und Zahnmediziner erarbeitete „Perspektive“ in die definitive Restauration überführen lässt. Anhand eines Fallbeispiels stellen wir unser Vorgehen dar.
Der Patientenfall
Als Komposit-Verblendsystem haben wir uns für GC Gradia Plus entschieden, ein nanogefülltes Hochleistungskomposit mit modularem Aufbau. Mit dem gut durchdachten System lassen sich alle Indikationen im Kunststoffverblendbereich abdecken. Das Materialsystem überzeugt bei rein additiv aufgebauten Einzelverblendungen mit Heavy-Body-Massen und mit den Light-Body-Massen bei der Composite-Flow-Technique. Als kleines, spezialisiertes Dentallabor sind wir auf einen Workflow angewiesen, mit welchem sich umfangreiche prothetische Arbeiten zielgerichtet und hochästhetisch umsetzen lassen.
Der rote Faden und die Gerüst‧herstellung
Das am Patienten erarbeitete Wax-up (Abb. 6) stellt die finale Situation der Zahnsituation dar und ist die Basis für alle weiteren Schritte. Wie ein roter Faden zieht es sich durch den weiteren Arbeitsablauf. Auf dieser Grundlage wird zur Sicherheit ein Prototyp (Abb. 7) aus zahnfarbenem PMMA hergestellt und im Mund des Patienten einprobiert.
Im nächsten Schritt wird das Gerüst hergestellt (Abb. 8). Im gezeigten Fall dienen Primärteleskope aus Zirkonoxid auf den Zähnen 14, 13 und 24 sowie auf teleskop‧ierenden Abutments in regio 12, 21 und 13 als Verankerung. Als Sekundärteile wurden Galvanokäppchen gefertigt und diese in einem NEM-Gerüst (reduzierte anatomische Form) verklebt. Idealerweise erfolgt das Verkleben im Mund des Patienten, um eine spannungsfreie Passung zu erzielen. Danach kann das Wax-up – unser roter Fade– auf das Gerüst übertragen und mit Silikon (transparentes Silikon für sichere Lichthärtung von Briegel Dental) in die Küvette eingebettet werden (Abb. 9).
Die Basisverblendung
Das Wax-up ist im Silikonbett „eingefroren“ und steht für die Übertragung in die definitive Arbeit bereit. Zunächst wird das Gerüst entsprechend vorbereitet. Es wird vom Wachs befreit, sandgestrahlt, gereinigt sowie konditioniert und danach mit Opaker abgedeckt. GC Gradia Plus enthält zum Abdecken der Gerüstoberfläche vier Opaker in Vita-Grundfarben sowie einen Basisopaker. Angenehm ist die Konsistenz des Opakermaterials. Durch gute Fließ- und optimierte Aushärtungseigenschaften wird effektiv und schnell die gewünschte Kaschierung erzielt.
Nach dem Auftragen einer dünnen Schicht Opakdentins in der entsprechenden Zahnfarbe kommt erneut unser „roter Faden“ – das Wax-up – ins Spiel. In transparentem Silikon eingebettet, bildet es die Negativform der angestrebten Zahnformen. Auf Basis dessen erfolgt das Injizieren des Komposits (Gradia Plus, GC, pastöse Heavy-Body-Massen) in die Küvette. Ein Vorteil der Küvettentechnik gegenüber dem freien Schichten ist, dass weder Schmutz noch Verunreinigungen im Komposit eingeschlossen werden. Die vollständige Zahnform wird mit Dentin ergänzt.
Die Interne Struktur und die Optik
Nach der Lichthärtung erfolgt ein Cut-back. Wir imitieren die interne Struktur des natürlichen Zahnes, den Dentinkern. Nun steht die interne farbliche Individualisierung der Dentin- und Zervikalbereiche im Fokus. Wir nutzen die Gradia Plus Lustre Paint-Malfarben (GC). Die Vielseitigkeit dieses Malfarbensystems bei einer zugleich kompakten Zusammenstellung versetzt uns immer wieder ins Staunen. Es steht ein breites Spektrum an Farbnuancen für die interne und externe Charakterisierung zur Verfügung. Ergänzend zu den Lustre Paint-Malfarben dienen die GC Gradia Plus-Effektfarben dazu, weitere Charakteristika einzuarbeiten (Abb. 10). Das händische Auftragen einer Zwischenschicht aus transparenter Farbe (LB-Base CLF) soll den hauchfeinen, durchsichtigen Schein imitieren, der beim natürlichen Zahn für spielerische Reflexionen des Lichtes sorgt.
Die Finalisierung der Verblendung
Und wieder kommt unser „roter Faden“ – das in Silikon eingefrorene Wax-up – ins Spiel. Mithilfe der Küvette kann die Zahnform nun einfach mit der Schmelzmasse komplettiert werden. Das Ergebnis: Das akkurat erarbeitete Wax-up ist 1:1 in Komposit übertragen. Nun steht die prothetische Gingiva im Mittelpunkt. Die Basis wird mit einem einfarbig rosafarbenen PMMA gestopft. Doch das natürliche Weichgewebe ist mannigfaltig geprägt von verschiedenen Farben. Um diesen Farbenreichtum zu imitieren, reduzieren wir die Basis-Gingiva und schichten diverse Gingiva-Massen (Gradia Plus, GC, Gum
Shades-Zahnfleischmassen). Wir gehen sehr dezent vor, um einerseits nicht den Überblick zu verlieren und andererseits um eine natürliche Optik zu erzielen. Mit der pastösen Konsistenz der Massen und etwas Kunstfertigkeit lässt sich eine natürlich wirkende Textur erzielen (Abb. 11).
Die Fertigstellung der Restauration
Zahnform und -stellung aus dem Wax-up sind verlustfrei in Komposit überführt. Nun bedarf es des Feinschliffs für eine mehr oder weniger charismatische Oberflächenmorphologie sowie der Politur. Gradia Plus von GC beeindruckt mit exzellenter Polierfähigkeit. In wenigen Schritten ist ein natürlicher Hochglanz erreicht, der bemerkenswert langanhaltend ist (Abb. 12 und 13). Die fertige Restauration vereint Natürlichkeit mit Ästhetik und Funktion. Wunderschön fügt sich die Teleskopprothese in den Mund des Patienten ein. – Planbarkeit mit dem gewissen i-Tüpfelchen
Wie bereits bei vielen anderen Restaurationen zuvor ist es erneut gelungen, mit der Composite-Flow-Technique einen Patienten rundum zufriedenzustellen. Was bleibt, ist die beruhigende Gewissheit, dass wir auch die nächste Kombi-Arbeit auf diesem sicheren Weg umsetzen werden. Bei der Materialwahl bleiben wir dem Workshop-Konzept treu. Denn Gradia Plus von GC punktet durch eine hohe ästhetische Wirkung, die sich mit Brillanz, Farbechtheit, natürlicher Opaleszenz und realistischen Effekten auszeichnet. Das Komposit besitzt eine hohe Dichte (homogene Oberfläche), ein natürliches Abrasionsverhalten und eine geringe Plaqueaffinität. Die Composite-Flow-Technique by Moritz Pohlig baut uns die Brücke von der Planung bis zur Umsetzung der Restauration. Mit dieser Systematik haben wir unseren Weg für das Verblenden von Restaurationen mit Komposit gefunden. Manchmal erinnern wir uns an die Zeit, in der wir komplexe Kombi-Arbeiten mit der Freihandschichtung umgesetzt haben. Wir spüren dann sofort wieder das beklemmende Gefühl, welche eine Arbeit unendlich kompliziert wirken lässt und unberechenbar scheint. Doch es ist nur eine Erinnerung. Heute wissen wir, wie eine brillante Komposit-Verblendung auf strukturiertem Weg realisiert werden kann. Uns macht es richtig Spaß, mit der Systematik zu arbeiten, die unseren Laboralltag unglaublich bereichert hat. Danke an Moritz Pohlig, der die Composite-Flow-Technique so gewissenhaft, akribisch und fast schon liebevoll ausgefeilt hat. Die Kombi-Prothetik hat in unserem Labor einen großen Qualitätssprung erfahren, was letztlich dem Patienten zugutekommt. Denn bei all den technischen Finessen und ausgereiften Materialien steht der Mensch – der Patient – im Mittelpunkt unserer täglichen Arbeit.
Kontakt
Yourdent Dentallabor
Himmelfahrtsgasse 21
09599 Freiberg
www.yourdent-freiberg.de
Fachbeitrag
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16.11.22
Wie ein Verblendkonzept unseren Alltag veränderte
Die Composite-Flow-Technique im Alltag eines kleinen Dentallabors
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