{"id":3268,"date":"2022-03-31T15:30:01","date_gmt":"2022-03-31T13:30:01","guid":{"rendered":"https:\/\/dentaldialogue.de\/?p=3268"},"modified":"2022-04-01T19:21:28","modified_gmt":"2022-04-01T17:21:28","slug":"verstaerkte-silikatkeramiken","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/dentaldialogue.de\/verstaerkte-silikatkeramiken\/","title":{"rendered":"Verst\u00e4rkte Silikatkeramiken"},"content":{"rendered":"\n\n

Die dentale Werkstoffwissenschaft hat sich als eigenst\u00e4ndiges Fachgebiet etabliert und sich selbst sowie die gesamte Zahnmedizin lebhaft weiterentwickelt. Dabei sch\u00f6pft die Werkstoffkunde aus vielen Teilgebieten der Naturwissenschaften, wie zum Beispiel Mineralogie, Physik, Chemie, Ingenieurwissenschaften oder Biologie. Und wie in vielen anderen Bereichen bilden in der Zahnmedizin erst die entsprechenden Werkstoffe den Schl\u00fcssel f\u00fcr Fortschritt und Zukunftssperspektiven. Dentale Werkstoffe k\u00f6nnen daher als Innovationstreiber betrachtet werden. Diese Artikelserie informiert \u00fcber die Entwicklung dentaler CAD\/CAM-Werkstoffe und sensibilisiert f\u00fcr die Relevanz eines fundierten Wissens. Teil 2 besch\u00e4ftigt sich mit dentalen Keramiken und hier speziell mit verst\u00e4rkten Silikatkeramiken, insbesondere Lithiumsilikat-Keramiken.<\/strong><\/p>\n\n\n\n\n\n

Grunds\u00e4tzlich lassen sich Keramiken f\u00fcr prothetische Restaurationen unterscheiden in Oxid- und Silikatkeramiken (Abb.\u20091)<\/strong>. Zu den Oxidkeramiken geh\u00f6rt unter anderem Zirkonoxid (siehe Teil 1). Silikatkeramiken werden in weitere verschiedene Gruppen eingeteilt. Seit Jahrzehnten in der Anwendung sind Silikatkeramiken in Form von Verblendkeramiken (Feldspat- beziehungsweise Leuzitkeramiken). Zudem lassen sich Silikatkeramiken verst\u00e4rken; entweder durch Leuzitkristalle (Leuzitkeramiken) oder durch Lithiumsilikat-Kristalle (Lithiumsilikat-Keramiken). Der vorliegende Artikel befasst sich mit den Lithiumsilikat-Keramiken f\u00fcr die Fertigung vollkeramischer Restaurationen.<\/p>\n\n\n\n\n\n

Werkstoffkundliche Grundlage<\/strong>
Ausgangsprodukt einer Silikatkeramik ist ein Glas, in welchem durch eine gesteuerte Keimbildung und Kristallisation-Kristalle \u2013 wie Lithiumsilikat (Li2SiO3) oder Lithiumdisilikat (Li2Si2O5) \u2013 wachsen. Diese Lithiumsilikat-Kristalle verbessern die mechanischen Eigenschaften. Ergebnis sind Lithiumsilikat-Keramiken. Die Lithiumsilikat-Kristalle haben einen Einfluss auf die optischen Eigenschaften der Keramik. Die publizierten Untersuchungen zeigen bei Lithiumsilikat-Keramiken eine h\u00f6here Opazit\u00e4t als bei Leuzitkeramiken.
Die gemessene h\u00f6here Opazit\u00e4t der Lithiumsilikat-Keramik ist auch auf die Wahl der Farbpartikel (Farbionen oder Pigmente) zur\u00fcckzuf\u00fchren. Der bis heute bekannteste Vertreter der Lithiumsilikat-Keramik ist Lithiumdisilikat-Keramik. Zudem gibt es weitere Modifikationen: Lithiummetasilikat und Lithiumaluminosilikat. Je nach Zusammensetzung weisen die Keramiken Biegefestigkeitswerte zwischen 250 und 420\u2009MPa auf.<\/p>\n\n\n\n\n\n

Wie alles begann<\/strong>
Die ersten Lithiumsilikat-Keramiken wurden bereits in den 1950er Jahren entwickelt. Ende der 1980er Jahre gelang es, eine Lithiumsilikat-Keramik zu entwickeln, die chemisch best\u00e4ndig ist, gute optische sowie mechanische Eigenschaften besitzt und sich als prothetischer Werkstoff qualifiziert. Lange Zeit wurde Lithiumdisilikat-Keramik mit dem Unternehmen Ivoclar Vivadent beziehungsweise mit dem Produkt Empress 2 beziehungsweise IPS e.max in Zusammenhang gebracht.
Der Grund ist einfach: Das Unternehmen brachte die erste Lithiumdisilikat-Presskeramik auf den Markt. Und da die pressbare Lithiumdisilikat-Keramik patentiert wurde, war sie f\u00fcr 20 Jahre dem Liechtensteiner Unternehmen vorbehalten. Die heute als IPS e.max Press bekannte Presskeramik kam im Jahr 1998 unter dem Namen Empress 2 auf den Markt. Hierbei handelt es sich um eine neuartige Keramik, die im bew\u00e4hrten Pressverfahren verarbeitet werden kann. Mit Empress 2 gelang es, die mechanischen Eigenschaften (Festigkeit und Bruchz\u00e4higkeit) der Keramik durch eine optimierte Verst\u00e4rkung zu verbessern und neue Indikationen zu erschlie\u00dfen. Seit 2005 gibt es schleifbare CAD\/CAM-Bl\u00f6cke aus Lithiumdisilikat (IPS e.max CAD) und sp\u00e4testens jetzt begann der \u201eTriumphzug\u201c der Lithiumsilikat-Keramiken. Etwa im Jahr 2011\u2009liefen erste Patente aus; weitere Hersteller kamen mit Lithiumdisilikat-Presskeramiken auf den Markt (Abb.\u20092)<\/strong>.<\/p>\n\n\n\n\n\n

Presspellets aus Lithiumsilikat-Keramik<\/strong>
Die meisten derzeit angebotenen Lithiumsilikat-Presskeramiken sind Lithiumdisilikat-Keramiken. Beispiele f\u00fcr aktuell verf\u00fcgbare Lithiumdisilikat-Presskeramiken sind IPS e.max Press (Ivoclar Vivadent), Amber Press (Hass Corporations), CeraMotion Press (Dentaurum), Initial LiSi Press (GC Europe), Livento Press (Cendres+M\u00e9taux), Vita Ambria (Vita Zahnfabrik). Die Keramiken unterscheiden sich in den optischen und mechanischen Eigenschaften sowie in den Verarbeitungsparametern (Einbettmasse und Pressparameter f\u00fcr den jeweiligen Pressofen). Und mit Celtra Press (Dentsply Sirona) ist auch Presskeramik auf Basis der zirkonoxidverst\u00e4rkten Lithiumsilikat-Keramiken erh\u00e4ltlich.<\/p>\n\n\n\n\n\n

CAD\/CAM-Bl\u00f6cke aus Lithiumsilikat-Keramik<\/strong>
Angeboten werden CAD\/CAM-Bl\u00f6cke aus Lithiumsilikat-Keramik von verschiedenen Herstellern (Abb.\u20093)<\/strong>. Je nach Modifikation unterscheiden sich die Verarbeitungswege. Beispiele f\u00fcr schleifbare Lithiumdisilikate sind der Pionier IPS e.max CAD (Ivoclar Vivadent), seit einigen Jahren Amber Mill (Hass Corporations) sowie der Newcomer Initial LiSi-Block (GC). Zudem sind seit 2013 CAD\/CAM-Bl\u00f6cke aus Lithiummetasilikat (Vita Suprinity PC, Vita Zahnfabrik und Celtra Duo, Dentsply Sirona) erh\u00e4ltlich. Auf der IDS 2015 wurden CAD\/CAM-Bl\u00f6cke aus Lithiumaluminosilikat (N!ce, Straumann) vorgestellt und seit 2021 ist eine Keramik mit Lithiumdisilikat- und Lithiumaluminosilikat-Kristallen (Tessera, Denstply Sirona) auf dem Markt.<\/p>\n\n\n\n\n\n

Wesentliche Unterschiede<\/strong>
CAD\/CAM-Block Lithiumdisilikat
Teilkristallisierte CAD\/CAM-Bl\u00f6cke bestehen aus circa 40\u2009Vol.-% Lithiummetasilikat-Kristallen. Die Bl\u00f6cke befinden sich in einer Zwischenphase und haben daher geringere Festigkeiten und H\u00e4rten. Sie lassen sich leicht schleifen. Nach dem Schleifprozess findet \u2013 je nach Produkt \u2013 ein Kristallisationsbrand statt. Die Lithiummetasilikat-Kristalle wandeln sich in Lithiumdisilikat-Kristalle um; das Material verfestigt sich und nimmt die endg\u00fcltige Farbe und Transluzenz an (zum Beispiel IPS e.max CAD, Ivoclar Vivadent). Diese Umwandlung findet nach Angaben des Herstellers bei dem Material Amber Mill nicht statt. Das Besondere an diesem Material ist, dass die optischen Eigenschaften (speziell die Transluzenz) der Restauration mittels Kristallisationsbrand eingestellt werden k\u00f6nnen.<\/p>\n\n\n\n\n\n