{"id":3329,"date":"2022-03-20T16:23:28","date_gmt":"2022-03-20T15:23:28","guid":{"rendered":"https:\/\/dentaldialogue.de\/?p=3329"},"modified":"2022-05-09T15:19:39","modified_gmt":"2022-05-09T13:19:39","slug":"grundlagen-der-dentalfotografie-teil-1","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/dentaldialogue.de\/grundlagen-der-dentalfotografie-teil-1\/","title":{"rendered":"Grundlagen der Dentalfotografie – Teil 1"},"content":{"rendered":"\n\n

Fotografie wird in der Zahntechnik gro\u00df geschrieben. In erster Linie dazu gedacht, die zahntechnischen Rekonstruktionen zu dokumentieren, also m\u00f6glichst exakt abzubilden, wurden die Techniken immer raffinierter und die Aufnahmen zunehmend k\u00fcnstlerisch. In dem Wort steckt jedoch k\u00fcnstlich, also nicht nat\u00fcrlich. Doch die Natur gilt es ja m\u00f6glichst detailgenau abzubilden. Ztm. Sascha Hein hat \u00fcber die Jahre viele Erfahrungen mit der Dentalfotografie gesammelt, die er in einem Kurs weiter gibt. Dabei zeigt er, wie die Z\u00e4hne so nat\u00fcrlich wie m\u00f6glich fotografiert werden, sodass man die darin enthaltenen Informationen nicht verf\u00e4lscht. In einer dreiteiligen Beitragsreihe werden wir Ihnen die theoretischen Grundlagen dieses Kurses n\u00e4her bringen.<\/strong><\/p>\n\n\n\n\n\n

Kurze Geschichte der Fotografie<\/strong><\/p>\n\n\n\n\n\n

Die Erfindung der Kamera
Die Camera Obscura (Lateinisch f\u00fcr \u201edunkles Zimmer\u201c) ist ein optisches Ger\u00e4t, das durch die B\u00fcndelung von Lichtstrahlen ein Bild auf einer Leinwand oder einem Blatt Papier erzeugt. Ihre Vorz\u00fcge f\u00fcr die Kunst wurden 1568 vom venezianischen Edelmann Daniele Barbaro erkannt: \u201eDort auf dem Papier sieht man alles, wie es wirklich ist, mit seinen Abst\u00e4nden, seinen Farben, Schatten und Bewegung, die Wolken, das glitzernde Wasser, die fliegenden V\u00f6gel. H\u00e4lt man das Papier ruhig, kann man die gesamte Perspektive mit einem Stift nachzeichnen.\u201c Die Camera Obscura war zun\u00e4chst ein Raum, sp\u00e4ter dann ein tragbarer Kasten mit einer kleinen \u00d6ffnung auf einer Seite. Dabei strahlt Licht, das von Objekten der realen Welt reflektiert wird, durch eine in der \u00d6ffnung eingesetzte Linse und projiziert ein Bild auf die gegen\u00fcberliegende Innenwand. Das projizierte Bild, \u00e4hnlich dem, das auf der Netzhaut des Auges entsteht, steht auf dem Kopf und ist seitenverkehrt (Abb.\u20091)<\/strong>.<\/p>\n\n\n\n\n\n

In sp\u00e4teren Modellen reflektiert ein gew\u00f6lbter Spiegel im Inneren des Kastens das Bild richtig herum (allerdings immer noch spiegelverkehrt) auf eine Glasplatte an der Oberseite des Kastens. Ein \u00fcber dem Glas befestigtes St\u00fcck Papier erlaubt es, das projizierte Bild nachzuzeichnen. Andere Ausf\u00fchrungen der Camera Obscura unterschieden sich hinsichtlich Gr\u00f6\u00dfe und Komplexit\u00e4t.<\/p>\n\n\n\n\n\n

Die Erfindung des Films
Einige Jahrhunderte sp\u00e4ter erfand der englische Botaniker und Mathematiker Henry Fox Talbot (Abb.\u20092)<\/strong> in den fr\u00fchen 1830er Jahren das erste Negativ, aus dem mehrere positive Drucke hergestellt werden konnten. Hierzu machte Talbot Papier mithilfe einer Silbernitratl\u00f6sung lichtempfindlich. Anschlie\u00dfend setzte er das Papier dem Licht aus. Der Hintergrund verf\u00e4rbte sich schwarz, und das Motiv wurde in Grauabstufungen abgebildet. So erzeugte er ein Negativbild. Um ein detailliertes Bild zu erhalten, stellte Talbot aus dem Papiernegativ schlie\u00dflich Kontaktdrucke her, bei denen Licht und Schatten umgekehrt wurden.<\/p>\n\n\n\n\n\n

Verbesserung der Belichtungszeit
Die Kombination der einfachen Blenden\u00f6ffnung der Camera Obscura mit lichtempfindlicher Silberhalogenid-Emulsion verlieh dem Verfahren eine neue Dimension: die Zeit! W\u00e4hrend durch die \u00d6ffnung Lichtstrahlen auf die Filmebene geb\u00fcndelt werden, ben\u00f6tigt die Silbernitrat-Emulsion eine genaue Zeitdauer f\u00fcr eine korrekte Entwicklung. Diese historische Emulsion brauchte verl\u00e4ngerte Belichtungszeiten, um eine akzeptable Bildqualit\u00e4t zu erhalten. Die Modelle mussten bis zu 15 Minuten lang ohne die kleinste Bewegung v\u00f6llig stillsitzen. Die Emulsionen wurden daher nach und nach verbessert, sodass die Belichtungszeit immer weiter verk\u00fcrzt werden konnte. Mithilfe eines abbrennenden Magnesiumdrahts, der ein grelles Licht erzeugte, konnte die Belichtungszeit auf unter eine Minute reduziert werden. Doch das Entz\u00fcnden von Magnesium war nicht ungef\u00e4hrlich und die Technik barg deutliche Gefahren durch starke Rauch- und Geruchsentwicklung sowie Ascheregen. Die Belichtungszeiten variierten stark und die Luft war geladen mit grauem, dunklem Rauch, sodass die Methode f\u00fcr den Studiogebrauch ungeeignet war. 1887 mischten Adolf Miethe und Johannes Gaedicke feines Magnesiumpulver mit Kaliumchlorat, um Blitzlicht zu erzeugen. Es war das erste Blitzlichtpulver, das weite Verbreitung fand. Das damit erzeugte Blitzlicht erlaubte es den Fotografen, bei Nacht Sofortaufnahmen mit schnellen Belichtungszeiten zu machen.<\/p>\n\n\n\n\n\n

Digichromatografie
Die Fotografien von Sergei Michailowitsch Prokudin-Gorski (1863 bis 1944) zeichnen ein lebendiges Portr\u00e4t einer vergessenen Welt \u2013 des russischen Zarenreichs kurz vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs und der bevorstehenden Revolution. Seine Motive reichten von mittelalterlichen Kirchen und Kl\u00f6stern des alten Russlands sowie den Eisenbahnen und Fabriken einer aufsteigenden Industriemacht bis hin zum allt\u00e4glichen Leben und Arbeiten der vielf\u00e4ltigen Bev\u00f6lkerung Russlands.<\/p>\n\n\n\n\n\n

Anfang des 20. Jahrhunderts legte Prokudin-Gorski einen ehrgeizigen Plan f\u00fcr eine fotografische Bestandsaufnahme des russischen Zarenreiches vor, der sogar die Unterst\u00fctzung von Zar\u2009Nikolaus II. erfuhr. Zwischen 1909 und 1912 sowie im Jahr 1915 bereiste er elf Regionen mit einem speziell ausgestatteten, vom Ministerium f\u00fcr Transportwesen zur Verf\u00fcgung gestellten Eisenbahnwagen und erfasste diese Gegenden fotografisch.
Es gibt keine bekannte Nachbildung oder Darstellung der Kamera, die Prokudin-Gorski verwendete. Es war eine Fachkamera nach eigener Bauart, wahrscheinlich \u00e4hnlich einem von Dr.\u2009Adolf Miethe im Jahr 1906 entworfenen Modell, den Prokudin-Gorski kurz zuvor in Deutschland getroffen hatte.
Man wei\u00df, dass Prokudin-Gorski seine Fotografien in Farbe darzustellen versuchte. Denn er entwickelte eine geniale Fotografie-Technik mit dem Ziel, diese Bilder in Schwarzwei\u00df auf Glasplattennegativen festzuhalten, wof\u00fcr er rote, gr\u00fcne und blaue Filter benutzte. Anschlie\u00dfend pr\u00e4sentierte er diese Bilder in Farbe in Lichtbildvortr\u00e4gen mithilfe eines Lichtprojektions-Systems, bei dem dieselben drei Filter verwendet wurden (Abb.\u20093)<\/strong>.<\/p>\n\n\n\n\n\n

F\u00fcr seine Fotografien setzte Prokudin-Gorski eine einzelne schmale, etwa 7\u2009cm breite und 23\u2009cm lange Glasplatte vertikal in die Kamera ein. Dann fotografierte er ein und dieselbe Szene dreimal recht z\u00fcgig hintereinander, wobei er einen roten Filter, einen gr\u00fcnen Filter und einen blauen Filter benutzte (Abb.\u20094 und 5)<\/strong>.<\/p>\n\n\n\n\n\n

Blende und Sch\u00e4rfentiefe<\/strong><\/p>\n\n\n\n\n\n

Funktionsweise der Blende
Das Wort Blende bezeichnet eine ver\u00e4nderbare \u00d6ffnung im Kameraobjektiv. Die Gr\u00f6\u00dfe dieser \u00d6ffnung wird anhand von Zahlenwerten ausgedr\u00fcckt, die das Verh\u00e4ltnis des Durchmessers der \u00d6ffnung zur Brennweite des Objektivs angeben (Abb.\u20096)<\/strong>. Jede Vergr\u00f6\u00dferung der Blenden\u00f6ffnung (das hei\u00dft eine Verkleinerung der Blendenzahl) um einen Blendenschritt, l\u00e4sst die doppelte Lichtmenge auf den Film oder Sensor treffen. Die Gesamtbelichtungszeit wird durch die Anpassung des Gleichgewichts zwischen Blende und Belichtungszeit reguliert.<\/p>\n\n\n\n\n\n

Funktionsweise der Blende
Der Begriff Sch\u00e4rfentiefe bezeichnet den Ausschnitt in einem Bild, der v\u00f6llig scharf dargestellt ist. Diese Sch\u00e4rfentiefe wird durch die Blende gesteuert. Je kleiner die gew\u00e4hlte Blende (also je gr\u00f6\u00dfer die Blendenzahl, zum Beispiel \u0192\u200922), desto h\u00f6her ist die Sch\u00e4rfentiefe (Abb.\u20097)<\/strong>. Bei diesen Aufnahmen sind auch hintereinander stehende Objekte scharf und klar sichtbar. Bei Aufnahmen mit einer niedrigen Sch\u00e4rfentiefen (\u0192\u20095,6) ist nur das direkt fokussierte Objekt deutlich sichtbar und scharf, die anderen sind verschwommen (Abb.\u20098)<\/strong>. In den Abbildungen 9 und 10<\/strong> wurde dieses Prinzip auf die Intraoralfotografie angewandt, um zu verdeutlichen, wie sich die gew\u00e4hlte Blende auf die Sch\u00e4rfentiefe auswirkt.<\/p>\n\n\n\n