Bericht

Marketing & Laborführung

13.07.23

Hey Siri … KI oder Mensch – wer schreibt die besseren Texte?

Beyond Zahntechnik - Teil 5

Annett Kieschnick

Wir leben in einer Welt, in der uns die KI-Technologie viele Möglichkeiten bietet, um Texte effizienter zu erstellen (s. Teil 1 und 2 der Kolumne). Auch das Dentallabor kann in der Kommunikation und im Marketing davon profitieren. Es macht Spaß, mit KI-Textgeneratoren zu arbeiten und ist zudem auch effizient. Doch trotz der vielen Vorteile und Möglichkeiten darf nicht vergessen werden, dass wir für Menschen schreiben und nicht nur für Suchmaschinen. Leser entscheiden innerhalb von Sekunden, ob ein Text sie interessiert oder nicht. Daher sollten wir die Grundregeln des Schreibens beherrschen und uns bewusst machen, wie wir unsere Texte ansprechend und verständlich gestalten können. Also, worauf ist zu achten?

Eine sehr „brutale“ Wahrheit: Leser geben einer Schlagzeile ganze 1,5 Sekunden. Dann entscheiden sie, ob sie einen Text weiterlesen oder wegklicken. Blog-Artikel, Websitetext, Flyer, Broschüre, Fachartikel – dies gilt auch für Texte, die das Dentallabor verlassen. Und obwohl KI-Texttools uns dabei unterstützen können, effektiver zu schreiben, sollten wir uns nicht auf die Technologie verlassen. Es ist entscheidend, einige Grundregeln zu beherzigen, um mit dem Text einen Leser emotional anzusprechen und zugleich zielgerichtet zu informieren.

Geschichten erzählen
Jeder hat diese eine Geschichte, die uns in den Bann zieht, die uns für einen Moment aus dem Alltag entführt, die uns mitnimmt auf eine Reise und uns für einen Augenblick die Welt um uns herum vergessen lässt. Genau diese Art von Geschichten können wir auch in fachlichen Texten nutzen, um den Leser zu „fesseln“. Indem wir Botschaften und Informationen mit einer guten Geschichte verknüpfen, können wir begeistern. In diesem Sinne sollten wir uns bemühen, unsere Texte nicht nur informativ, sondern auch unterhaltsam und spannend zu gestalten.
Laborjubiläum, Blog-Artikel, Fachartikel, Akquise-Schreiben, neues Zirkonoxid, Dankesanschreiben, Preiserhöhung, Laborbroschüre, Website … – häufig stehen Zahntechniker vor der Herausforderung, Texte zu schreiben und passende Formulierungen zu finden. Vielleicht kennen Sie das auch. Man möchte etwas aus dem Laboralltag mitteilen und weiß nicht wie. Da liegt es nun, das leere weiße Blatt …

Wenige Sekunden ­entscheiden
Fünf Wörter oder 1,5 Sekunden – wenig Zeit, um den Informationsleser (Zahnarzt, Kollege, Patient) zum Lesen Ihrer Botschaft (Artikel, Flyer …) zu animieren. Informationsleser? Leserforscher unterscheiden zwischen Informationslesern und Erlebnislesern. Seitdem Google Inc. im Jahr 1998 die erste Suchmaschine für das World Wide Web etablierte, hat sich unser Leseverhalten – digital und analog – verändert. Jeder googelt. Das Wort „googeln“ wird sogar offiziell im Duden geführt.

Neue Art des Lesens
Die meisten Texte, die das Dentallabor verlassen, sind Informationstexte und es lohnt sich, hierzu einige Dinge zu verstehen. Informationslesen hat mit dem Lesen eines Romans (Erlebnistexte) nicht viel ­gemein. Entstanden ist der Begriff mit der zunehmenden Informationsvielfalt im ­Internet.
Der Leser liest nicht. Vielmehr springt das Auge ungehorsam viel herum, „tastet“ den Text ab und bleibt bei relevanten Worten oder Wortgruppen hängen. Sakkaden werden die Sprünge der Augen beim Lesen genannt und Fixation ist das Verharren. Wird der relevante Suchbegriff von den Augen erfasst, hat der Absender den Leser gewonnen. Forscher fanden heraus, dass dies in etwa 1,5 Sekunden erfolgen muss. Nun denkt man, das ist doch nur beim Online-Lesen so. Nein, auch das Lesen gedruckter Informationen hat sich angepasst. Suchmaschinen im Internet basieren übrigens auf demselben Prinzip (Keywords).

Wissenswert:
Gute Texte wecken Interesse, stellen Zusammenhänge präzise dar, zielen in den Bauch und kommen im Kopf an.

Lesen und lesen lassen
Schnell, ungeduldig, suchwortgesteuert, zielgerichtet – so erfassen wir im Alltag das geschriebene Wort. Aber was bedeutet das für den Absender einer schriftlichen Information, also den Verfasser des Textes, in unserem Fall das Dentallabor?

  1. Zunächst: Ohne Texte geht es nicht! Texte klären auf, vermitteln Wissen und erzeugen Aufmerksamkeit. Die steigende Informationsvielfalt schreit nach prägnanten und einzigartigen Texten. Zahnarztpraxen, Patienten, Kollegen … sie alle möchten im Alltag zielgerichtet und individuell informiert werden. Dentallabore können diese Möglichkeiten nutzen; überzeugen Sie mit Ihrer Botschaft.
  2. Differenzieren Sie sich! Pressetexte, Website-Texte, Anschreiben an Kunden, Laborbroschüren … – oft werden wir mit austauschbaren Texten regelrecht „erschlagen“. Dabei kann Sprache zum charakteristischen Merkmal werden, ähnlich wie ein Firmenlogo (Corporate Identity). Finden Sie die richtigen Worte und machen Sie sich so unterscheidbar. Schaffen Sie sich mit der Schriftsprache ein eigenes Profil (Corporate Language).

Sprache schafft Nähe. ­Sprache lebt. Sprache prägt.
Gute Texte wecken Interesse, stellen Zusammenhänge präzise dar, zielen in den Bauch und kommen im Kopf an. Auch wenn es sich SEO-Spezialisten ebenso wie Content- oder Online-Agenturen gern auf die Fahne schreiben, lesbare Texte (egal ob online oder gedruckt) basieren auf alten, bewährten journalistischen Grundregeln.

Auf ein Wort
Sie kennen das. Kaum haben Sie sich für Ihr nächstes Urlaubsziel entschieden, z. B. Südafrika, auf einmal springt Ihnen das Wort überall entgegen. „Südafrika“ – Zeitung, Nachrichten, Fernsehprogramm, Gespräche, das Thema scheint plötzlich präsent wie nie. Aber: Das war es vorher auch schon. Nur fokussieren Sie sich erst jetzt auf diesen Suchbegriff. Das bedeutet: Der bestimmte Suchbegriff sollte innerhalb eines Textes schnell erfasst werden können. Zur Erinnerung: 1,5 Sekunden, fünf Wörter. Dazu ist es wichtig, die Zielgruppe und deren Bedürfnisse zu kennen. Stellen Sie sich immer die Frage: Was sind die wichtigsten Schlagwörter (Suchbegriffe) für meine Zielgruppe.

Wissenswert:
Hinweis: Suchwörter beziehen sich nicht nur auf Suchmaschinen. Vielmehr haben sich die Suchmaschinen bewährte journalistische Grundregeln zu eigen gemacht. Auch wenn es Digital- bzw. SEO-Strategen gern so darstellen, es ist nicht ihre Erfindung.

Klasse, statt Masse
Manchmal ist es ratsam, eine Texterin oder einen Texter einzubeziehen. Achtung: Einen gut formulierten Text zu schreiben, ist keine Kunst. Es ist ein Handwerk – ebenso wie die Zahntechnik – und das lernt man nicht so nebenbei. Auf einigen Online-Portalen können Texte für 1,3 Cent je Wort gekauft werden. Aber davon kann kein professioneller Texter leben. Hier schreiben Laien, Hobbyschreiber oder Studenten, die sich etwas dazu verdienen möchten. Wer Wert auf hohe Qualität legt, wird hier kaum (s)einen Text erhalten. Eine gute Texterin oder ein guter Texter agiert individuell und versetzt sich in die Zielgruppe. Leser werden abgeholt und es wird ein gutes Gefühl vermittelt.
Bestenfalls verfügen Texter und Leser über eine vergleichbare Expertise wie Sie. Und das hat seinen Preis; berechtigt. Oft kommt zuerst die Frage: Was kostet ein Text? Hier gibt es keine pauschale Antwort; ebenso nicht wie auf die Frage: Was kostet Zahnersatz? Es ist individuell.
Viele Agenturen rechnen den Preis pro Wort ab. Sinnvoller scheint jedoch der Ansatz, die benötigte Zeit nach einem Stundensatz abzurechnen. Denn: Ob kurz oder lang – der beauftragte Text muss die relevanten Botschaften vermitteln. Manchmal reicht ein schnittiger Dreizeiler. Aber das heißt nicht, dass für den Text weniger Zeit benötigt wurde. Oft liegt gerade hier die Herausforderung, einen komplizierten Sachverhalt in wenigen einfachen Worten auszudrücken.

Die Verlockung durch den Kurztext
Ein Artikel beginnt in der Regel mit einer Einleitung, dem Kurztext. In drei bis vier Zeilen wird die Botschaft angerissen. Hier entscheidet sich, ob der Leser in den Text einsteigt. Es sind einige Grundregeln zu beherzigen, zum Beispiel sollte(n)

  1. relevante Suchwörter erscheinen,
  2. schon wenige Worte neugierig machen,
  3. nur eine Nachricht pro Satz erscheinen.

Bei der Stange halten
Hat sich der Leser vom Kurztext verlocken lassen, ist ein großes Stück Arbeit vollbracht. Weiter geht´s mit dem Langtext (auch Fließtext). In den ersten zwanzig Sekunden entscheidet der Leser, ob der Text es wert ist, weitergelesen zu werden. Grundsätzlich gelten die gleichen Regeln wie beim Kurztext, nur sind es noch ein paar mehr. Beispiele: Die Nachricht steht am Anfang. Darauf baut die weitere Story auf. Mit Zwischenüberschriften und „Text-Häppchen“ lassen sich Artikel leichter konsumieren. Quellverweise bieten Transparenz. Komplexes sollte verständlich zusammengefasst sein und Theoretisches begreifbar gemacht werden.

Sieben Tipps für gute Texte

  1. Wenig Nebensätze, wenig Substantivierungen, wenig Fremdwörter, wenig Passiv.
  2. Hauptsätze und Verben sorgen für Lebendigkeit.
  3. Adjektive nur verwenden, wenn sie neue Informationen liefern. (Negativbeispiel: „kompromisslose Präzision“).
  4. Phrasen und abgenutzte Synonyme vermeiden. (Negativbeispiel: „In aller Munde“)
  5. Kurze, einfache Wörter verwenden. (Negativbeispiel: „Herstellungsprozess“)
  6. Erst denken, dann schreiben.
  7. Die eigentliche Arbeit beginnt, wenn der erste Entwurf steht: Feilen und Überarbeiten, der Feinschliff.

Wenig Nebensätze, wenig Substantivierungen, wenig Fremdwörter, wenig Passiv

Negativbeispiel:
„Die Realisierung einer präzisen Anpassung von Zahnersatz durch den Einsatz innovativer CAD/CAM-Systeme ermöglicht eine Verbesserung der Passgenauigkeit und somit eine Steigerung des Patientenkomforts.“

Besser:
„Moderne CAD/CAM-Technologien ermöglichen eine präzise Anpassung von Zahnersatz, verbessern die Passgenauigkeit und erhöhen den Patientenkomfort.“

Negativbeispiel:
„Unsere zahntechnischen Produkte zeichnen sich durch eine hohe Komplexität und eine umfassende Funktionalität aus, welche durch ein hohes Maß an technischem Know-how und Expertise gewährleistet werden.“

Besser:
„Der von uns erstellte Zahnersatz gewährleistet funktionale und ästhetische Feinheiten. Durch unser hohes technisches Know-how und unsere Expertise entsteht jede Zahnersatzlösung individuell.“

Hauptsätze und Verben sorgen für ­Lebendigkeit

Negativbeispiel:
„Die Verwendung von CAD/CAM-Systemen ermöglicht eine schnellere und effizientere Fertigung von dentaltechnischen Produkten, was zu einer höheren Kundenzufriedenheit führt.“

Besser:
„Mit CAD/CAM-Systemen fertigen wir Zahnersatz schnell und effizient – für zufriedene Kunden.“

Negativbeispiel:
„Das Lesen eines Buches erfordert eine Konzentration auf die Handlung, ein Verständnis von Charakteren und eine Einordnung in den Kontext der Geschichte.“

Besser:
„Beim Lesen eines Buches taucht man ein in eine fesselnde Handlung, versteht Charaktere sowie Beweggründe und erlebt die Geschichte in ihrem Kontext – für eine unvergessliche Leseerfahrung.“

Fazit
Das waren kleine Einblicke in ein großes Thema. Es gilt: Dem aktuellen Leseverhalten sollten auch Dentallabore gerecht werden. Ob Print oder Online – bewährte Grundregeln des Formulierens gelten mehr denn je. Die KI-Texterstellung bietet viele Möglichkeiten. Sollen aber Texte entstehen, die Emotionen hervorrufen und im Gedächtnis bleiben, ist (zusätzlich) die menschliche Intelligenz unersetzbar. Im nächsten Teil der Kolumne geht es um die Emotionalisierung komplexer Informationen: Geschichten erzählen – ein interessantes Marketinginstrument für Dentallabore.

Annett Kieschnick, Berlin
Fachjournalistin, Zahntechnik/­Zahnmedizin, Digital Brand Managerin (DIM)

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