Fachbeitrag

Ästhetik

25.03.22

Materialwahl Multilayer-Zirkonoxid

Betrachtung des Indikationsbereichs von Multilayer-Zirkonoxid

Ästhetik, Biegezugfestigkeit, Farbring, Helligkeit, Multilayer Zirkonoxid, Opazität, Schichtstärke, Stabilität, Transluzenz, Zirkonoxid

Moritz Pohlig

Der Autor setzt sich in diesem Artikel mit dem Indikationsbereich von Multilayer-Zirkonoxid auseinander und hinterfragt, ob die Weiterentwicklung der klassischen Zirkonoxide sowohl unter ästhetischen als auch mechanischen Gesichtspunkten aus Zahntechnikersicht eine Verbesserung darstellt.

Das Angebot an Zirkonoxid-Ronden zur Fertigung von Kronen und Brücken ist kaum zu überblicken. Neben den klassischen Zirkonoxiden der 1. und 2. Generation kamen in den vergangenen Jahren vermehrt hoch transluzente Zirkonoxide auf den Markt, die ästhetisch eine Verbesserung darstellten, deren Stabilität und mechanische Eigenschaften aber deutliche Einschränkungen mit sich brachten. So sind die Indikationsbereiche der hoch transluzenten Zirkonoxide, im Vergleich zu den klassischen Zirkonoxiden, stark eingeschränkt. Aufgrund der molekularen Veränderung des Materials werden zwar höhere Transluzenzen erreicht, dies führt aber auch dazu, dass die Stabilität stark beeinträchtigt wird. Die Biegezugfestigkeit sinkt bei einigen HT Zirkon­oxiden auf unter 550 MPa. Vergleicht man dies mit dem Zirkonoxid der 1. Generation mit etwa 1200 MPa Biegezugfestigkeit, wird deutlich, dass das Augenmerk einiger moderner Zirkonoxide rein auf der Verbesserung der ästhetischen Eigenschaften liegt. Vor diesem Hintergrund bedeutet dies für den Anwender ein deutlich erhöhtes Risiko der Gerüstfrakturen. Es stellt sich zum einen die Frage, ob der Einsatz solch hoch transluzenter Zirkonoxide dem Anwender tatsächlich einen solchen ästhetischen Vorteil verschafft, der es rechtfertigt, dieses Risiko einzugehen. Des Weiteren ist fraglich, ob die Restaurationen überhaupt eine erhöhte Transluzenz benötigen oder ob nicht vielmehr die richtige Balance zwischen Transluzenz und ausreichender Opazität im Gerüstmaterial die ästhetischere Basis darstellt und somit alternative Gerüstmaterialien aus Zirkonoxid, wie die neueste Generation Multilayer-Zirkonoxid, sowohl zur Verbesserung der Langzeitstabilität als auch der Ästhetik führen werden.
Bis Anfang 2019 kamen beim Autor Zirkonoxide der 2. Generation bei vollkeramischen Restaurationen als Hauptgerüstwerkstoff zum Einsatz. Das richtige Gleichgewicht zwischen Helligkeit, Opazität und Transluzenz der Gerüste ist aus Sicht des Autors das Hauptkriterium, wenn es darum geht, natürliche Resultate zu erzielen. Eine zu hohe Transluzenz des Gerüstwerkstoffs führt dazu, dass zu viel einfallendes Licht absorbiert und zu wenig Licht reflektiert wird. Dieses Ungleichgewicht führt dann zwangsläufig zum Vergrauen der Restauration. Eine zu hohe Opazität verhindert den natürlichen Lichtfluss und lässt Restaurationen zu beinern wirken, was besonders in den Anfängen der Zirkonoxide der 1. Generation im zervikalen Bereich bei wenig Schichtvolumen deutlich wurde. Dies bedeutet, nutzt man ein hoch opakes Material bei nicht 100 Prozent ausreichenden Verhältnissen der marginalen Präparationsstufe, wird das keramische Schichtvolumen nicht genügen, um die Opazität des Gerüstes zu kaschieren. Die Kronen werden zwangsläufig im Übergang zum Zahnfleisch unnatürlich und beinern wirken.
Die Zirkonoxide der 2. Generation wiesen nach Erfahrung des Autors bis dato die beste Balance zwischen Transluzenz und Opazität bei sehr guten mechanischen Eigenschaften auf – und somit im Gegensatz zu anderen keramischen Gerüstwerkstoffen auch ausreichend Stabilität – um auch Kronen und Brücken im Seitenzahnbereich zu fertigen. Die Stabilität und somit die Haltbarkeit der Produkte sollte bei der Wahl eines Gerüstwerkstoffes klar im Vordergrund stehen (Abb. 1). Ein Nachteil der Zirkonoxide der 2. Generation ist immer noch die leicht eingeschränkte Ästhetik dieses monolithischen Werkstoffes. So weisen, konträr zum natürlichen Zahn, die gefertigten Gerüste der 2. Generation sowohl zervikal als auch inzisal identische Eigenschaften der Lichtoptik und der Farbsättigung auf. Für den Anwender bedeutet dies einen erhöhten Aufwand, da diese Defizite nur über eine keramische Schichtung behoben werden können und man bei diesen „Fehlbereichen“ permanent gegensteuern muss. Um naturnahe Restaurationen erzielen zu können, benötigt man somit stets eine volumenreiche, multichromatische keramische Schichtung. Klar ist aber, dass die ästhetische Verbesserung der 2. Generation im Vergleich zur 1. Generation der Zirkonoxide den Anwender einen deutlichen Schritt nach vorne gebracht hat und die keramische Schichtstärke sich deutlich reduzieren lies (siehe Abb. 13). Multilayer-Zirkonoxide sollen eine weitere ästhetische Verbesserung bieten. Schaut man sich jedoch die mechanischen Eigenschaften der ersten Multilayer-Generationen an, so wird klar, dass die Stabilität dieser Zirkonoxide im Vergleich zur 2. Generation deutlich geringer ist. Seit etwa zwei Jahren soll es Herstellern nach eigenen Angaben gelungen sein, mit einer neuen Generation Multilayer-Zirkonoxide ein Gleichgewicht aus Stabilität und Transparenz zu erzielen.


GQ Quattro Disc Space

Seit der Präsentation auf der IDS 2019 ist das Zirkonoxid GQ Quattro Disc Space der Firma Gold Quadrat auf dem Markt und beim Autor seither täglich in Gebrauch (Abb. 2). Das fünfschichtige Multilayer-Zir­konoxid vereint verschiedene Zirkonoxidgenerationen in einem Blank und soll somit die Vorzüge der einzelnen Zirkonoxide kombinieren. Im basalen Anteil liegt die Biegezugfestigkeit bei über 1100 MPa, im inzisalen Bereich bei über 800 MPa, wodurch eine ausreichende Stabilität sowohl für den Einsatz im posterioren als auch im anterioren Bereich erzielt wird (Abb. 3). Unter Beachtung der Positionierung innerhalb des Blanks können auch Brückenkonstruktionen realisiert werden. Die Kombination der verschiedenen Zirkonoxide in einem Blank hat den großen Vorteil, dass im basalen Bereich neben genügend Chroma auch das notwendige Gleichgewicht aus Opazität und Transluzenz vorhanden ist, um einen verbesserten Anschluss ans Zahnfleisch zu ermöglichen (Abb. 4). Im inzisalen Anteil führt das eingesetzte transluzentere Zirkonoxid zu einer natürlicheren, erhöhten Transparenz. Für den Autor stellte sich zur Einführung des Materials die Frage, ob der Einsatz des Multilayer-Zirkonoxides GQ Quattro Disc Space tatsächlich die vom Hersteller versprochenen Verbesserungen mit sich bringt.


Klinische Fälle

Bei der Auswahl des Zirkonoxid-Blanks sollte dem Anwender bewusst sein, dass sowohl bei transluzenten als auch Multi­layer-Zirkonoxiden ein besonderes Augenmerk auf die Helligkeit und den Verfärbungsgrad der Präparation gelegt werden muss. Multilayer-Zirkonoxide weisen einen deutlich höheren Lichtfluss auf als klassische Zirkonoxide der 1. und 2. Generation, was bei vitalen, farbgebenden Untergründen genutzt werden kann, um mehr Tiefe innerhalb der Restauration zu erzielen. Bei verfärbten Untergründen führt die erhöhte Transparenz der Gerüste zu einer Beeinflussung der Farbe und Helligkeit. Daher benötigt der Anwender bei jedem Fall Informationen hinsichtlich der präparierten Situation, idealerweise ein Foto. Denn nur die Kombination aus Farbe und Helligkeit der Präparation und der Helligkeit des Blanks bildet die ideale Basis für die keramische Verblendung.
Der Autor hält bei der Auswahl des Gerüst­materials den Farbton für zweitrangig, sein Fokus liegt auf der Helligkeitsstufe des Gerüstes. Daher genügen dem Autor aktuell vier unterschiedliche Ronden, von A1 bis A3,5, um sämtliche Situationen zu versorgen (Abb. 5). Um die Auswahl der Ronde und somit der Helligkeit zu vereinfachen, empfiehlt es sich, einen individuellen Farbring zu benutzen. Dazu werden Frontzahnschalen aus den vier unterschiedlichen Blanks gefertigt. Man sollte darauf achten, dass diese in der gleichen Position innerhalb der Ronde gefräst werden und dieselbe Mindeststärke aufweisen (Abb. 6). Die Hinterfüllung der Farbschalen mit unterschiedlich eingefärbtem Komposit simuliert dann die farbgebende Präparation (Abb. 7). Nach Beurteilung und Auswahl der Farbe und Helligkeit der Präparation mit dem Präparationsfarbring folgt die Gerüstauswahl mit dem individuellen Farbring. Dazu werden die vier unterschiedlichen Helligkeitsstufen des Farbringes entnommen, die mit der gewählten Präparationsfarbe hinterfüllt sind. Nun kann eine individuelle Auswahl der Ronde erfolgen, dazu dienen die angrenzenden Nachbarzähne als Vorgabe (Abb. 8 bis 12). Durch diese Vorgehensweise bei der Farbwahl, also Rondenmaterial in Verbindung mit dem farbgebenden Untergrund, integriert sich schon das gewählte mehrschichtige Gerüst sehr gut in die Nachbarbezahnung. Daher kann das Kronendesign für Multilayer-Zirkonoxide noch stärker unterstützend erfolgen als das der Zirkonoxide der 2. Generation. Die keramische Schicht wird somit weiter reduziert und das Gerüst durch die Volumenvergrößerung stabilisiert (Abb. 13).
Auch wenn innerhalb der Zahnmedizin/Zahntechnik sich ein Trend dahingehend entwickelt hat, vollkeramische Restaurationen monolithisch zu fertigen, lässt sich nach Erfahrung des Autors, eine täuschend echte Kopie eines Frontzahnes mit all seinen Charakteristika, internen Strukturen unterschiedlichen Transparenzen und Opazitäten in verschiedensten Schichten nicht mit einem ausschließlich industriell gefertigten Grundmaterial verwirklichen (Abb. 14). Individuelle, natürliche Merkmale unterschiedlicher Zähne können auch in einem mehrschichtigen Grundwerkstoff wie dem Multilayer-Zirkonoxid nicht bedacht werden. Daher ist klar, dass dies nur über eine individuelle, keramische Schichtung erfolgen kann und das Multilayer-Zirkonoxid als Gerüstwerkstoff angesehen werden sollte. Die rein monolithische Anwendung im Seitenzahnbereich ist zwar möglich, aus Sicht des Autors sollten jedoch auch Seitenzahnkronen aus Multilayer-Zirkonoxid mit einer keramischen Schicht versehen werden, um ästhetisch, aber auch funktionell das bestmögliche Resultat zu erlangen. Denn, obwohl der inzisale Bereich des Materials schon eine reduzierte Festigkeit von etwa 800 MPa aufweist, liegt dies trotzdem noch deutlich über den Werten des natürlichen Zahnschmelzes (zirka 250 MPa). Hier kommt man durch die keramische Beschichtung (beispielsweise Kuraray Noritake CZR etwa 100 MPa) dem natürlichen Vorbild deutlich näher (Abb. 15 bis 19). Betrachtet man die Entwicklung des Zirkonoxids, wird deutlich, dass mit der Weiterentwicklung des Materials die keramische Schichtstärke, immer weiter reduziert werden kann. Benötigte man bei der 1. Generation noch eine sehr volumenreiche, aufwändige keramische Schichtung, um das beinahe opake, weiße Gerüst abzudecken, kann man heute mit der Multilayer-Generation die keramische Schichtung deutlich komprimieren und das Gerüst als farbgebenden Untergrund nutzen (siehe Abb. 13). Die Zirkonoxide der 1. und 2. Generation weisen durchgehend stabilere mechanische Eigenschaften auf. Mit der beschriebenen Herangehensweise kann, durch die Volumenvergrößerung des Gerüstes, mit Multilayer-Zirkonoxid eine ähnliche Stabilität erzielt werden (siehe Abb. 1).

Für den Anwender bedeutet die Umstellung auf ein neues Material Veränderungen der gewohnten, routinierten Prozesse und eventuell anfängliche Misserfolge. Man kann solch eine Umstellung aber auch als Chance betrachten über eine Verbesserung der Gerüststrukturen die Qualität seiner Produkte zu steigern (Abb. 17 bis 19). Der Einsatz des Multilayer-Zirkonoxids GQ Quattro Disc Space hat sich für den Autor in den vergangenen zwei Jahren bewährt. Die Farbgebung und stabile Helligkeit dieses Zirkonoxids führte zu einer merklichen ästhetischen Verbesserung der Restaurationen und hat seinen festen Platz im Laboralltag (Abb. 20 bis 22).

Fortbildungen zum Thema

Mit dem Kurskonzept „Frontzahnästhetik – Noritake CZR Basics & High Level Keramikkurs“ bietet die Firma Gold Quadrat zusammen mit Ztm. Moritz Pohlig an zwei Kurstagen Einblick in die Herangehensweise des Autors im vollkeramischen Bereich. Neben der Materialauswahl und der Basisschichtung für eine Vielzahl zirkonoxidbasierter, vollkeramischer Restaurationen ist die keramische Umsetzung individueller Frontzahnkronen Kern­thema des Kurses. Weitere Informationen zu den Kursterminen 2021 unter www.goldquadrat.de.

ProduktNameFirma
Farbring 1Vita classicalVita Zahnfabrik
Farbring 2IPS Natural Die MaterialIvoclar Vivadent AG
Farbring 3My Shade GuideSmile Line SA
FarbschalenGQ Quattro Disc SpaceGold Quadrat GmbH
Komposit HinterfüllungIPS Natural Die MaterialIvoclar Vivadent AG
ZirkonoxidGQ Quattro Disc SpaceGold Quadrat GmbH
ZirkonoxidkeramikKuraray Noritake CZRGold Quadrat GmbH
Produktliste

Vita

Moritz Pohlig absolvierte seine Ausbildung zum Zahntechniker im Jahr 2003 in Düsseldorf. Die Gesellenprüfung schloss er als Kammersieger ab und erzielte mit der praktischen Gesellenarbeit den ersten Platz im Leistungswettbewerb der Handwerksjugend Nordrhein-Westfalen. Bis 2008 arbeitete er in verschiedenen gewerblichen Laboren. 2009 absolvierte er die Meisterprüfung an der Handwerkskammer Berlin-Brandenburg mit der besten Prüfungsarbeit der Prüfungskommission 1. Bis 2012 war er Laborleiter im Dental Concept Berlin (Dr. Detlef Hildebrand). Seit 2012 arbeitet er für Hans Jürgen Joit bei der Zahntechnik Düsseldorf Rebbe.Thielen.Joit GmbH. Moritz Pohlig ist Autor verschiedener Artikel, die in Fachzeitschriften veröffentlicht wurden. Darüber hinaus ist er als Referent tätig.

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Moritz Pohlig absolvierte seine Ausbildung zum Zahntechniker im Jahr 2003 in Düsseldorf. Die Gesellenprüfung schloss er als Kammersieger ab und erzielte mit der praktischen Gesellenarbeit den ersten Platz im Leistungswettbewerb der Handwerksjugend Nordrhein-Westfalen. Bis 2008 arbeitete er in verschiedenen gewerblichen Laboren. 2009 absolvierte er die Meisterprüfung an der Handwerkskammer Berlin-Brandenburg mit der besten Prüfungsarbeit der Prüfungskommission 1. Bis 2012 war er Laborleiter im Dental Concept Berlin (Dr. Detlef Hildebrand). Seit 2012 arbeitet er für Hans Jürgen Joit bei der Zahntechnik Düsseldorf Rebbe.Thielen.Joit GmbH. Moritz Pohlig ist Autor verschiedener Artikel, die in Fachzeitschriften veröffentlicht wurden. Darüber hinaus ist er als Referent tätig.

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