Fachbeitrag

Ästhetik

08.01.24

Minimalismus in der Vollkeramik

Micro-Layering neu gedacht

dd Redaktion

„Less is more“ – auch im Dentallabor kann dieser minimalistische Ansatz in vielen Situationen zum Ziel führen. Insbesondere geht es darum, Ressourcen z. B. die eigene Arbeitskraft rationell einzusetzen und somit wertvolle Zeit sparen zu können. Idealerweise bleibt die Ergebnisqualität hiervon unangetastet. Der Autor des Artikels beschreibt anhand zweier Fallbeispiele, wie das Micro-Layering mit Initial IQ ONE SQIN (GC) auf effizientem Weg zum Ziel führen kann. Er stellt zwei verschiedene Wege dar. So wird eine Restauration in der kombinierten Maltechnik realisiert, beim anderen Beispiel wird durch das Micro-Layering nach einem „Lingual-Cut-Back“ die Illusion von Tiefe erzeugt.

Der vollkeramische Laboralltag hält verschiedenste Herausforderungen bereit. Jeder Patientenfall ist anders und verlangt ein individuelles Vorgehen. Stets gleich ist der Anspruch, auf möglichst effizientem Weg zum Ziel zu gelangen, ohne sich durch eine Vielzahl von Materialien und Produkten zu verzetteln. Fallspezifisch kommen verschiedene Vorgehensweisen zum Einsatz. Während etwa der einzelne Frontzahn in der Regel eine keramische Schichtung nach allen Regeln der Kunst voraussetzt, können andere Restaurationsarten auf minimalistischem Weg umgesetzt werden. Der auf Vollkeramik spezialisierte Zahntechniker sollte beide Vorgehensweisen beherrschen.
Vorausgesetzt sind das Verständnis für Funktion und Ästhetik sowie das Wissen rund um lichtoptische Phänomene, die einen natürlichen Zahn prägen. Zudem bedarf es eines passenden Materialkonzeptes. GC hat für die vielseitigen Ansprüche im vollkeramischen Dentallabor das Mal- und Micro-Layering-System Initial IQ ONE SQIN etabliert. Das Unternehmen beschäftigt sich seit mehr als 15 Jahren mit der Frage, wie sich der Aufwand der keramischen Schichttechnik reduzieren lässt. Erfahrungswerte wurden mit moderner Werkstofftechnologie kombiniert. Ergebnis ist Initial IQ ONE SQIN (GC), ein abgestimmtes Konzept aus drei verschiedenen Keramikmaterialien (Abb. 1). Die 3D-Keramikmalfarben Initial IQ Lustre Pastes ONE (GC) dienen der Charakterisierung des Gerüstes und fungieren gleichzeitig als Connector-Brand (interne oder externe Bemalung). Die Malfarben ähneln in ihrer Konsistenz verflüssigter Verblendkeramik, bieten eine natürliche Fluoreszenz und können auch für das Anlegen einer feinen Oberflächentextur genutzt werden. Die Initial Spectrum Stains (GC) verstärken als universelle 2D-Malfarben individuelle Charakteristika und bilden eine Vielfalt von Farbnuancen ab. Zudem integriert das Set eine niedrigschmelzende feinkörnige Verblendkeramik für die Schichtung der anatomischen Form. Mit der Micro-Layering-Keramik GC Initial IQ SQIN werden Morphologie und Oberflächentextur gestaltet.

Minimalismus ist relativ
„Weniger ist mehr“ – gerade, wenn es um die Reduzierung des eigenen Arbeitsaufwands geht, ist dies ein willkommenes Versprechen. Zu beachten ist, dass Minimalismus ebenso individuell interpretiert werden kann wie Ästhetik. Es ist ein subjektives Empfinden. Was für den einen Zahntechniker als minimalistisch gilt, kann für den anderen noch immer zu viel sein. Wichtig ist daher, den eigenen Arbeitsaufwand individuell zu definieren und fallspezifisch eigene Weg festzulegen. Ein Materialkonzept wie das Mal- und Micro-Layering-System Initial IQ ONE SQIN (GC) hält alle Türen offen. Nachfolgend dargestellt werden zwei minimalistische Arbeitsansätze für das Herstellen von Zahnersatz auf einem Zirkonoxidgerüst.
Gerüstmaterial als Basis 
für das Micro-Layering
Die monolithische Umsetzung von Kronen und Brücken aus Zirkonoxid ist einerseits ein effizienter Weg. Andererseits wird durch die vollanatomische Gestaltung eine hohe Stabilität der Restauration erzielt. Wird die Maltechnik mit all ihren Raffinessen sicher beherrscht, sind optisch gute Ergebnisse möglich. Wichtig ist, dass Gerüstmaterial korrekt auszuwählen, denn dies bildet die Basis für jedwede Finalisierungsmethode. Im Fokus stehen die lichtoptischen Phänomene Transluzenz und Opazität sowie die Grundfarbe des Materials. Wird bei einer Restauration eine sehr helle Zahnfarbe (z. B. A1, A2) angestrebt, sind entsprechend helle und transluzente Zirkonoxide zu empfehlen. Haben die Referenzzähne einen leichten Graustich, bietet in der Regel ein C1-Rohling eine gute Grundlage für die anschließenden Individualisierungsmaßnahmen. Für diesen Artikel wurden zwei Zahnkränze mit dem Micro-Layering-System Initial IQ ONE SQIN (GC) individualisiert, um darzustellen, was selbst bei einer geringen Schichtstärke erreicht werden kann. Es wurde mit zwei verschiedenen Zirkonoxid-Materialien gearbeitet, die sich insbesondere in Opazität und Farbverlauf stark unterscheiden. Während für die Restauration im Oberkiefer ein Multi-Layered-Material verwendet worden ist, kam für die Unterkiefer-Restauration ein monochromes Zirkonoxid mit hoher Festigkeit zum Einsatz. Gerade in Situationen, in denen die Stabilität hoch sein muss, ist auf ein transluzentes Zirkonoxid (= oft reduzierte Biegefestigkeit) zu verzichten. Auch ein Multi-Layered-Material mit Gradienten in der Biegefestigkeit kann eine geringere Festigkeit aufweisen als hochfeste, monochrome Materialien (z. B. 1.100 MPa). Um trotzdem eine transluzente Wirkung zu schaffen, kann beispielsweise vor dem Sintern das Auftragen von Effektflüssigkeiten sinnvoll sein.

Kombinierte Maltechnik: ­Monolithisches Zirkonoxid­gerüst von 44 auf 34

Minimalismus-Konzept
Die Restauration für den Unterkiefer von Zahn 44 auf Zahn 43 soll durch die kombinierte Maltechnik finalisiert werden. Minimalistisch bedeutet in dem Fall, dass die Zähne unverblendet bleiben und das monolithische Zirkonoxidgerüst oberflächlich mit Initial IQ Lustre Pastes ONE und 
Initial Spectrum Stains (beides GC) veredelt wird. Hingegen soll der Gingivaanteil mit einer dünnen Schicht (ca. 0,2 bis 0,3 mm) verblendet werden (Initial IQ SQIN, GC).

Gerüstherstellung

Für das Gerüst wurde monochromes, hochfestes Zirkonoxid (Priti white, Pritidenta) ausgewählt (Abb. 2). Die Transparenz des Materials beträgt etwa 45 %. Um die ästhetischen Eigenschaften, insbesondere die Transluzenz, zu optimieren, wurde vor dem Sintern Effektflüssigkeit (Nacera Blue X, Dentaurum) auf die Inzisalkanten aufgetragen (Abb. 3).
Das Liquid diffundiert beim Sintern in die Zirkonoxidoberfläche und lässt ausgewählte Bereiche transparenter erscheinen (Abb. 4). Die Festigkeit des Gerüstes wird nicht beeinträchtigt. Nach dem Sintern wurde die Zirkonoxidoberfläche leicht mit den Gummipolierern überarbeitet und sanft mit Glanzstrahlmittel, unter Druck mit 2 bar, abgestrahlt.

Finalisierung

Als erste Schicht wurden Initial IQ Lustre Pastes ONE (GC) aufgetragen. Um der Gingiva einen guten Untergrund („Base Layer“) zu verleihen, kamen die Modifikatoren LP-M2 (Modifier Red) und G-24 (Lustre Gum Base Dark) zum Einsatz (Abb. 5). Die Mischung wurde in der Tiefe zwischen den Zahnwurzelanteilen appliziert. Die Bereiche, die wesentlich heller sein müssen, wurden mit einer Mischung G-35 (Lustre Gum Intensive Cream) und G-23 (Lustre Gum Base Light) gestaltet. Dem ersten Brand folgte die Verblendung der Gingiva mit den drei Gingivamassen des Initial IQ SQIN Systems (GC, 1. Gingiva GUM neutral – leicht rosa und etwas transluzent, 2. Gingiva GUM light – wesentlich opaquer und leicht rosafarbig, 3. Gingiva GUM dark – opaque und in ihrer Farbe leicht rosa-violett). Um eine lebendige Wirkung zu erzielen, können die Light- und Dark-Farben mit Neutralmasse gemischt werden (Abb. 6). Zwischen den Zähnen diente der Farbgebung eine Mixtur aus Neutral-, Dark- und Light-Farben. Je nach Notwendigkeit können die Farbeffekte mit LP-M2 (Modifier Red) des Lustre Pastes Gum Sets (GC) verstärkt werden. Danach wurde die gesamte Oberfläche mit einer Schicht aus Gum-Light und -Neutral überzogen und dem Zahnfleisch eine anatomische Struktur und Textur verliehen (Abb. 7). Zum Schluss wurden die vollanatomisch gefrästen Zähne mit Lustre Pastes ONE (L-Value, L-7 Incisio, L-10 Twillight, L-A,B) individualisiert (Abb. 8 und 9). Sollten morphologische Charakteristika fehlen, lässt sich mit den Luster Massen L-N oder L-Opal Volumen (z. B. Randleisten) aufbauen. Nach dem Brand zeigte sich die Oberfläche seidenmatt. Die Lustre Pastes- und die SQIN-Massen bildeten eine gesamtheitliche Form und Struktur. Falls notwendig, wird die Oberflächentextur mit rotierenden Werkzeugen bearbeitet. Auch kleine Formkorrekturen sind zu diesem Zeitpunkt mit entsprechenden rotierenden Diamantwerkzeugen möglich. Abschließend folgte ein Korrekturbrand für Form und Farbe. So wurden beispielsweise kleine Feinheiten im Gingivabereich mit Lustre Pastes Gum Shades NF (GC) ergänzt. Die Oberfläche der Zähne kann mit L-N oder L-Opal optimiert werden. Nach dem Glanzbrand zeigte sich eine sanft glänzende Oberfläche, die bei Bedarf mit Gummipolierern, Bürsten oder Diamantpaste für eine bessere optische Wirkung händisch poliert werden kann.

Lingual-Cut-Back-Technik: ­Monolithisches Zirkonoxid­gerüst von 13 auf 23

Minimalismus-Konzept
Die Restauration für den Oberkiefer von Zahn 13 auf Zahn 23 soll durch die Lingual-Cut-Back-Technik finalisiert werden. Minimalistisch bedeutet in dem Fall, dass die Grundform der Zähne zwar durch das monolithische Zirkonoxidgerüst definiert ist, jedoch im lingualen Bereich Volumen entfernt wird, um Platz für lichtabsorbierende Massen (Lustre Pastes) zum Erzielen von Tiefenwirkung zu schaffen. Idealerweise dienen hierfür warme graue Farbtöne (z. B. L-3, L-4, L-10, L-7). Letztlich sollte bei einer Formkorrektur mit Initial IQ SQIN (GC) eine hohe Natürlichkeit erreicht werden. In der Regel ist eine dünne Schicht TO-Opal Booster oder Enamel ausreichend, um eine schöne 3D-Optik zu erzielen.

Gerüstherstellung

Für das Gerüst wurde ein Multi-Layered-Zirkonoxid (IPS e.max ZirCad Prime, Ivoclar) in der Farbe BL3 gewählt. Die Transparenz des Materials nimmt nach inzisal zu. Um den Frontzähnen eine tiefe Lebendigkeit von innen heraus zu verleihen, erfolgte ein linguales Cut-Back (Abb. 10). Hierfür wurde vor dem Sintern im lingualen Bereich entsprechend Volumen abgetragen. Wichtig ist der vorsichtige Umgang mit den Schleifkörpern, denn gerade vor dem Sintern ist Zirkonoxid sehr sensibel.

Finalisierung

Die für das Cut-Back abgetragenen Gerüstanteile wurden nach dem Sintern und der Konditionierung der Zirkonoxidoberfläche mit blau-grauen Malfarben aus dem Initial Spectrum Stains, GC und Initial IQ Lustre Pastes ONE (GC) Sets aufgefüllt. Ergebnis ist eine Tiefenwirkung, die durch Lichttransmission entsteht (Abb. 11 und 12). Während die eigentliche Zahnform unverändert blieb, konnten die optischen Eigenschaften auf diesem einfachen Weg verbessert werden. Die Gestaltung aller anatomischen Merkmale der Zähne sowie der Gingiva ähnelte dem Vorgehen im zuvor gezeigten Fallbeispiel (Abb. 13 und 14). Bei Bedarf lässt sich die Form der Restauration mit der Verblendkeramik Initial IQ SQIN (GC) anpassen. Zur Verfügung stehen vier Dentinfarben (A, B, C, D), ein Blech Dentin, Enamel-Massen und ein Opal-Booster. In dem Fall erfolgte eine kleine Formkorrektur mit einer 50/50-Mischung aus E 57 und Translucent-Opal-Booster. Die Gingivaanteile wurden mit einer 1:1:1-Mischung aus GUM-Dark, -Light und -Neutral geschichtet. Nach dem Glanzbrand erfolgte eine manuelle Politur zur Anpassung des Glanzgrades (Abb. 15 und 16).

Fazit

Gezeigt worden sind zwei Minimalismus-Konzepte für die Vollkeramik, die beide ein Ziel haben: Effizienz ohne ästhetische Kompromisse. Die Bilder der fertigen Restaurationen (s. Abb. 8, 9 und 15, 16) sprechen für sich. Beide Restaurationen wurden auf einem monolithisch gefrästen ­Zirkonoxidgerüst mit dem Micro-Layering-System GC Initial IQ ONE SQIN individualisiert und fertiggestellt. Dank der 3D-Malfarben (Lustre Pastes ONE, GC) und der Verblendkeramik IQ SQIN wurde unkompliziert ein gutes Ergebnis erzielt. Bei Bedarf lassen sich Farbanpassungen mit Initial Spectrum Stains (GC) vornehmen. Ein wesentlicher Vorteil des gezeigten Vorgehens ist, dass sowohl Verblendkeramik als auch 3D-Malfarben eine hervorragende Farb- und Formstabilität haben; selbst nach mehreren Bränden. „Less is more“ ist ein willkommenes Versprechen für den vollkeramischen Laboralltag. Grundsätzlich beruht Minimalismus auf einem subjektiven Empfinden und auch auf der Ausgangssituation. Der Arbeitsweg ist immer fallspezifisch zu definieren. Ein Materialkonzept wie das Mal- und Micro-Layering-System Initial IQ ONE SQIN von GC hält alle Türen offen und eben dies macht die Anwendung so komfortabel.

Vita:
Dmitrii Kisel studierte von 2006 bis 2009 Zahntechnik an der Medizinischen Hochschule in Kirow (Russland). Nach seinem Abschluss arbeitete er knapp drei Jahre lang als Zahntechniker an der BLIK-Zahnklinik in Kirow. 2011 wechselte er zur IMESA-Zahnklinik in Moskau. 2015 zog er nach Deutschland und trat eine Stelle im Dentallabor Krenz-Dental in Frankfurt am Main an. Im Juni 2016 wechselte er ins Praxislabor des Palti Dentalzentrums in Baden-Baden, wo er bis heute als Zahntechniker arbeitet. Seit 2020 leitet er außerdem sein eigenes zahntechnisches Labor in Baden-Baden. 2016 wurde er Mitglied der Russia Smile Style Association, 2018 Mitglied der Zahntechnikergilde „Damaged Goods“. Dimitrii Kisel verfügt über umfangreiche CAD/CAM-Kenntnisse (3Shape, Cerec und damit auch inLab) und ist spezialisiert auf Vollkeramik. Zu seinen Arbeitsbereichen gehören ebenso Metallkeramik, Implantatprothetik, Kunststofftechnik und Totalprothetik. Er arbeitet mit Zahnarztpraxen in der ganzen Welt zusammen (USA, Russland, EU) und hat Artikel in verschiedenen internationalen Fachzeitschriften veröffentlicht.

Kontakt
Dmitrii Kisel Zahntechnisches Labor 
Kisel Esthetics
76532 Baden-Baden
dimitrii.kisel@gmail.com

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