Bericht

Mitarbeiterführung & mehr

03.03.22

Stress lass nach!

Auswertung einer Onlineumfrage zu den psychischen Belastungen in der Zahntechnik

Karola Krell

Fühlt ihr euch auch manchmal gestresst im Labor? Dann seid ihr nicht allein. Wir, der Verband medizinischer Fachberufe e. V., eure Berufsvertretung und Gewerkschaft, wollten es genau wissen und starteten im März 2019 eine Onlineumfrage zu den psychischen Belastungen in der Zahntechnik.

Innerhalb von nur 19 Tagen konnten wir mehr als 1170 Teilnehmer/-innen erreichen, was die Brisanz des Themas widerspiegelt. Schon die ersten veröffentlichten Ergebnisse in unserer Pressemitteilung vom 10. April erregten große Aufmerksamkeit in der dentalen Fachpresse und in den sozialen Medien. Inzwischen haben wir eine zweite Presseinformation am 15.07. veröffentlicht. Beide sind nachzulesen unter unseren Meldungen im öffentlichen Bereich unserer Homepage www.vmf-online.de.

In 30 Fragen, davon die meisten skalierend, wurde ermittelt, welche Stressfaktoren und in welchem Maße die Zahntechniker/-innen belasten. In einem frei auszufüllenden Feld bestand die Möglichkeit, weitere Stressoren zu ergänzen bzw. subjektive Auswirkungen aufzuführen.

Die Eckdaten

  • 1147 verwertbare Datensätze von:
  • 107 Selbstständigen
  • 932 angestellten Zahntechnikern/-innen
  • 108 Auszubildenden
  • Durchschnittsalter 35,2 Jahre
  • 911 Teilnehmer/-innen aus gewerblichen Laboren
  • Aus Praxislaboren 208
  • Industrie 28

Die Beschreibung der einzelnen Stressoren konnte lediglich allgemein gehalten werden und bietet somit zunächst einen Überblick. In dieser Auswertung sind angestellte Zahntechniker/-innen und Meister/-innen im Angestelltenverhältnis als „Angestellte“ oder „Mitarbeitende“ zusammengefasst.

Sogar körperliche Belastungen können als psychischer Stress empfunden werden. Vielleicht bist du ein bewegungsintensiver Mensch und erlebst das lange Sitzen und konzentrierte Arbeiten als Belastung, oder dich stört der Lärm von Absauganlagen oder die Geruchsbelästigungen beim Anschleifen von getragenen Prothesen. Auf der Skala von 0 (gering) bis 10 (sehr hoch) vergaben fast 60% der Selbstständigen, knapp 70% der angestellten Zahntechniker/-innen und ca. 63% der Auszubildenden 7 bis 10 Punkte. In der psychischen Gefährdungsbeurteilung, die jeder Arbeitgeber seit 2013 verpflichtend durchführen muss, wird ebenfalls dieser Faktor betrachtet. Super wäre, wenn die Beurteilung gemeinsam mit dem Team erarbeitet würde, denn so wären hervorragende individuelle Problemlösungen möglich. Informationen und Material dazu bietet unsere Berufsgenossenschaft BG ETEM.

Ein weiteres Thema sind Konflikte. Nur 17,75% der Selbstständigen beurteilen Konflikte im Team als hochbelastend (7–10) was eventuell daran liegt, dass viele davon auch ohne Angestellte arbeiten. Etwa ein Drittel der Angestellten und der Auszubildenden bewertete jedoch diese Belastung als sehr hoch (7–10). Zum Glück fühlen sich knapp über 40% in ihren Teams wohl bis sehr wohl (0–3). 
Ähnlich verhält es sich bei den Konflikten mit Vorgesetzten. Knapp über 40% haben erfreulicherweise kaum Schwierigkeiten, doch sollte nicht vernachlässigt werden, dass immerhin etwa je ein Drittel 32,40% der Mitarbeitenden und 36,11% der Auszubildenden über massive Probleme mit Vorgesetzten klagen (7–10).

Dafür leidet über die Hälfte der Selbstständigen (51,40%) unter erheblichen Konflikten mit den Auftraggebern, aber auch 37,12% der Angestellten beurteilten diesen Stressor mit 7 bis 10 Punkten.
Immerhin zeigt sich jeweils mehr als ein Drittel der Selbstständigen (34,57%) und der Angestellten (37,33%) sehr zufrieden (0–3) mit der erhaltenen Wertschätzung der Zahnärztinnen und Zahnärzte. Doch ein Viertel der Selbstständigen und 36,90% der Angestellten beklagen das Gegenteil.

Auch die Kommunikation mit Vorgesetzten ist durchaus verbesserungswürdig. Weit weniger als ein Drittel empfindet diese als sehr gut bis gut (1–3), über ein Viertel der Angestellten und auch ca. 40% der Auszubildenden beurteilten diesen Faktor als sehr belastend (7–10).

Viele Selbstständige treiben große bis sehr große Existenzängste um (43,92%), während fast die Hälfte der Angestellten sich sicher bis sehr sicher an ihrem Arbeitsplatz fühlt. Fachkräftemangel insgesamt, aber auch in der Zahntechnik, schafft hier für die Angestellten große Vorteile.

Insgesamt beurteilten über 70% der Selbstständigen und Angestellten, aber auch schon mehr als die Hälfte der Auszubildenden ihren Arbeitsstress als hochbelastend (7–10) und dies bei großer Unzufriedenheit über die erhaltene Belohnung, das Gehalt. Auch da ist noch viel Luft nach oben, und Tarife als Mindestarbeitsbedingungen würden Klarheit und Orientierung schaffen. Viele Labore suchen händeringend nach guten Zahntechniker/-innen. Schau genau hin, wo und wie du nach deiner Ausbildung arbeiten möchtest, und achte schon jetzt darauf, dass du so viel wie möglich lernen kannst. Nutze jede Möglichkeit zur Fortbildung und zum Netzwerken, besuche nach Möglichkeit Kongresse und Tagungen, z. B. den Azubikongress in Frankfurt, um dein Wissen und Können ständig zu erweitern. 
Zahntechnik – toll, spannend, kreativ und voller Chancen, wir ermöglichen Menschen wieder ein schönes Lachen, durch uns können Menschen wieder normal essen – das alles lieben wir so sehr an unserem Beruf. Doch viele von uns kennen auch die andere Seite: viel Stress, wenig Wertschätzung, schlechte Bezahlung. Manche halten das nicht mehr aus, werden möglicherweise krank, andere wechseln frustriert in besser gestellte Branchen. Das müsste alles nicht sein!

Unsere Umfrage soll nicht anklagen. Sie soll zeigen, was die Zahntechniker/-innen belastet, sie soll unseren Arbeitgeber/innen zeigen, wo sie nachdenken und ihre Leute fragen sollten, wie es ihnen geht. Und sie sollen ihrer Pflicht nachkommen und die psychische Gefährdungsbeurteilung ernst nehmen. Nicht mehr und nicht weniger. Halten sie sich an die Empfehlungen der Berufsgenossenschaften und erstellen diese im Team, dann kommen Gespräche in Fluss, individuelle Lösungen können gefunden werden, der Zusammenhalt wird gestärkt.
In unserer Umfrage haben wir auch die Chefs mit ins Boot genommen. Denn viele Stressoren haben wir alle gemeinsam. So können wir gegenseitig ein besseres Verständnis füreinander entwickeln, die Basis jeder Problemlösung.

Das Thema wird uns noch lange beschäftigen, es werden weitere Auswertungen folgen. Sprich mit deinen Kolleginnen und Kollegen, mit deinen Vorgesetzten über dieses wichtige Thema und pass gut auf dich auf.

Wenn du Anregungen oder Fragen hast, vielleicht etwas dazu beitragen möchtest, bitte schreib mir.

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