Fachbeitrag
Marketing & Laborführung
18.07.25
CAD/CAM-Prothesen transparent abrechnen
Digitale Technologien in der Abrechnung
Stefan Sander
Digitale Arbeitsabläufe prägen heute die Zahntechnik und ihre Möglichkeiten wachsen stetig. Für die Abrechnung gilt es, sowohl Laborleistungen als auch die Abläufe in der Zahnarztpraxis im Blick zu behalten. So auch bei der Herstellung von Totalprothesen.
Die kontinuierliche Weiterentwicklung der CAD/CAM-Technologien beeinflusst direkt die abrechenbaren Leistungen: Es ist entscheidend, nicht nur die fertigen Produkte, sondern auch die spezifischen Herstellungsprozesse zu berücksichtigen.
Wer hat was gemacht?
Die korrekte Abrechnung von Totalprothesen, die mittels CAD/CAM-Technologie gefertigt werden, wirft eine zentrale Frage auf, deren Beantwortung je nach Herstellungsprozess variiert: Wer hat was wie gemacht? Um hier Klarheit zu schaffen, müssen im Vorfeld entscheidende Dinge definiert werden:
- Wie werden die Totalprothesen mit CAD/CAM-Technologie genau hergestellt?
- Welches spezifische Fertigungsverfahren kommt dabei zum Einsatz?
- Welche Leistungen erbringt die Zahnarztpraxis?
- Welche Leistungen fallen in den Aufgabenbereich des Dentallabors?
- Werden externe Dienstleister in den Prozess eingebunden?
- Werden Leistungen nach der BEL II erbracht und abgerechnet?
- Handelt es sich um eine gleichartige oder andersartige Versorgung?
- Wie sind die Bestimmungen der jeweiligen Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZV)?
Jede Antwort auf diese Fragen hat direkte und wesentliche Auswirkungen auf die spätere Abrechnung der erbrachten zahntechnischen Leistungen.
Wissenswert: Grundsätzlich werden digital gefertigte Prothesen (mindestens) gleichartig abgerechnet. Eine Abrechnung als Regelversorgung ist seitens der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) nicht möglich.
Der Herstellungsprozess
Digitale Leistungen setzen sich grundsätzlich aus einzelnen Arbeitsschritten zusammen.
Die Wahl des Herstellungsprozesses hat erhebliche Auswirkungen auf die Abrechnung. Schon die initialen Schritte werfen abrechnungsrelevante Fragen auf:
- Wie werden die Abformungen erstellt?
- Gibt es individuelle, möglicherweise digital gefertigte Löffel?
- Wird eine Bissnahme durchgeführt?
- Wird die Basis gedruckt oder gefräst?
- Werden konfektionierte Zähne eingesetzt oder sind sie bereits in der Basis enthalten?
- Werden die Zähne direkt aus der Basis gefräst?
- Erfolgt eine Aufstellung auf Wachsbasis?
- Sind eine Anprobe oder eine Try-in-Prothese vorgesehen?
Pauschalabrechnung vermeiden
Ohne klare Definitionen für jeden dieser Schritte besteht das Risiko einer pauschalisierten Abrechnung. Es ist entscheidend zu klären, ob für die jeweiligen Arbeitsschritte passende Abrechnungsleistungen angelegt und kalkuliert wurden. Was wäre, wenn externe Dienstleister (z. B. Fräszentrum) in den Herstellungsprozess einbezogen werden würden?
„Totale digitale Prothesen machen wir nicht!“ – Solche Sätze höre ich häufig. Aber ganz ehrlich, wissen wir immer, was die Zahnarztpraxis plant und was die digitale Strategie der Zahnarztpraxis ist? Was wäre, wenn sich die Situation in der Zahnarztpraxis ändert? Könnten wir (schnell) einen Kostenvoranschlag zu einer digitalen Totalprothese schreiben?
Abrechnungsbeispiel digitale Totalprothese OK
Ein mögliches Abrechnungsbeispiel ist in Tabelle 1 und 2 (Zahnarzt- bzw. Zahntechnikerleistungen) erklärt. Anmerkung: In dem Beispiel sind die neuen digitalen Leistungen mit z. B. „0xxx“ angegeben. Die erste Ziffer zeigt die Hauptgruppe. „xxx“ muss selbst als Nummer vergeben werden. Alle digitalen Leistungen haben den BEB-Kalkulator 1.9 als Grundlage.
Auftrag: Digitale OK-Totalprothese (Tab. 1 und 2)
- Patient: gesetzlich versichert
- Abformung: konventionell
- Verfahren: Gefräste Basis mit bereits eingearbeiteten, konfektionierten Zähnen (z. B. Baltic Denture System)
Neben den reinen zahntechnischen Leistungen können Sie selbstverständlich auch andere, diverse Leistungen definieren. Dabei ist zu beachten, dass sich einige Leistungen möglicherweise in den Chairside-Bereich verschieben könnten. Diese Leistungen werden dann direkt in der Zahnarztpraxis über deren BEB (Bundeseinheitliche Benennungsliste von zahntechnischen Leistungen) abgerechnet. Unabhängig davon, wie eine Leistung positioniert wird, ist eine genaue Kostenkalkulation unerlässlich. Für neue Leistungen bedeutet dies, dass auch der erforderliche zeitliche Aufwand (Planzeit) präzise ermittelt werden muss.
Tabelle 1: Möglicher Ablauf in der Zahnarztpraxis
Termin 1 | konventionelle Abformung |
Termin 2 | individuelle Abformung |
Termin 3 | Bissnahme |
Übergabe der Bissnahme (Fotos, Daten, ggf. Checkliste) | |
Termin 4 | ggf. Anprobe Try-in-Prothese |
Termin 5 | Eingliedern |
Tabelle 2: Möglicher Ablauf im Dentallabor
BEL/BEB | Menge | Text |
001 0 | 3 | Modell |
021 2 | 1 | Funktionslöffel |
021 3 | 1 | Basis für Bissregistrierung |
022 0 | 1 | Bisswall |
012 0 | 1-2 | Mittelwertartikulator |
933 0 | je | Versand |
Wechsel in die BEB | ||
0xxx | 1 | CAD/CAM Auftragsanlage |
0xxx | 2 | CAD/CAM Modelle einscannen |
0xxx | 1 | CAD/CAM Bissnahme einscannen |
0xxx | 1 | CAD/CAM Nutzung virtueller Artikulator |
0xxx | ggf. | CAD/CAM Anpassung individueller Artikulator |
0xxx | 1 | CAD/CAM Modellanalyse für Prothetik OK |
0xxx | 1 | CAD/CAM Modell ausblocken (Hinterschnittkontrolle) |
6xxx | 1 | CAD/CAM Grundeinheit Basisgestaltung |
6xxx | 1 | CAD/CAM Basisgestaltung OK |
6xxx | 1 | CAD/CAM Auswahl Zahnaufstellung OK |
6xxx | 1 | CAD/CAM Ausrichtungsebene festlegen |
6xxx | 1 | CAD/CAM Anpassung Aufstellung OK |
6xxx | ggf. | CAD/CAM Anpassung Okklusionskollision |
6xxx | ggf. | CAD/CAM Anpassen Gaumenstruktur |
6xxx | je | CAD/CAM Anpassen Prothesenbasis, je Zahneinheit |
6xxx | 1 | CAD/CAM Auswahl Fräsrohlinggröße |
0xxx | je | CAD/CAM Datenversand |
6xxx | ggf. | CAD/CAM Try-in Prothese zur Anprobe, je Kiefer |
6xxx | 1 | CAD/CAM Fräsen |
6xxx | 1 | CAD/CAM Finish, je Kiefer |
6xxx | ggf. | Charakterisieren einer Basis, je Zahneinheit |
0732 | je | Desinfektion |
Mat. | je | Fräsrohling |
Fazit
Die digitale Zahntechnik revolutioniert die Branche, indem sie nahezu jede konventionelle zahntechnische Leistung auch in einem digitalen Verfahren ermöglicht. Von der Datenerfassung mit Scannern bis zur Fertigung durch Fräsmaschinen oder 3D-Drucker – die digitalen Arbeitsabläufe bieten vielfältige Optionen. Für eine transparente und faire Abrechnung ist es entscheidend, diese unterschiedlichen digitalen Verfahren und Arbeitsschritte in einzelne, abrechenbare Teilleistungen zu zerlegen. Nur so können alle Beteiligten individuell und nicht pauschal abrechnen, was zu einer gerechteren Honorierung der erbrachten Leistungen führt.
Vita
Ztm. Stefan Sander ist seit 1999 Zahntechnikermeister, davon elf Jahre im Meisterprüfungsausschuss, und ein anerkannter Abrechnungsexperte und Berater in der Zahntechnik. Er gibt sein Abrechnungswissen nicht nur als erfolgreicher Autor von fünf Fachbüchern zur zahntechnischen Abrechnung und über 420 Fachveröffentlichungen weiter, sondern auch als Referent, der über 1900 Seminare mit mehr als 39 000 Teilnehmern und über 250 Inhouse-Schulungen durchgeführt hat. Er erstellt Medizinprodukte-Richtlinien (MDRs) und Leistungsketten für Dentallabore und Zahnarztpraxen und unterstützt Betriebe bei der Erstellung und Überarbeitung individueller Abrechnungslisten.
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CADdent hat seine Fertigungsverfahren um die hochpräzise HYBRID-Fertigung ergänzt. Diese innovative Fertigungsmethode vereint die Vorteile des LaserMelting-Verfahrens mit der CNC-Technik, und ist somit ideal für teleskopierende sowie okklusal direkt verschraubte Arbeiten geeignet. Besonderes Augenmerk liegt bei der inhouse Weiterentwicklung des Fertigungsverfahren auf der Präzision, so kann CADdent nun eine durchgängige Vestibulärfläche mit einer Dicke von nur 0,4 - 0,5 mm realisieren. Zudem ist CADdent das einzige Fertigungszentrum in Deutschland, das die Bearbeitung von Titan im Hybrid-Verfahren anbietet.
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