Fachbeitrag

Marketing & Laborführung

10.06.25

Selbstführung statt Selbstverlust im Dentallabor

Führung in der Zahntechnik neu denken

Ben Schulz

Im Spannungsfeld zwischen technologischem Wandel, steigenden Patientenanforderungen und dem Streben nach wirtschaftlicher Effizienz wird deutlich: Zukunftsfähige Führung erfordert auch im Dentallabor mehr als technische Expertise oder betriebswirtschaftliches Wissen – sie beginnt bei der Fähigkeit zur Selbstführung.

Technologische Innovationen und strukturelle Veränderungen fordern die Dentalbranche auf mehreren Ebenen. Die Entwicklung von CAD/CAM-Systemen, KI-gestützter Diagnostik, 3D-Druck und digitaler Kommunikationswege zwischen Laboren und Zahnarztpraxen läuft in hohem Tempo weiter. Parallel dazu werden Betriebe durch zunehmende Regulierungen vor neue Aufgaben gestellt. Diese Entwicklungen sind eingebettet in eine Arbeitsrealität, die von steigendem wirtschaftlichen Druck, rückläufigen Ausbildungszahlen und zunehmendem Fachkräftemangel geprägt ist.

Selbstführung als zentrale 
Führungsqualität

Gerade in komplexen und dynamischen Systemen wird Selbstführung zur zentralen Führungsqualität. Sie beschreibt

  • den bewussten Umgang mit den eigenen Ressourcen,
  • die Fähigkeit zur emotionalen ­Regulation,
  • die klare Priorisierung von Aufgaben sowie
  • den reflektierten Umgang mit der eigenen Rolle und Verantwortung.

Wer Führung als Ganzes verstehen will, muss zunächst sich selbst führen können. Selbstführung ist dabei kein weiches oder randständiges Thema – sie ist elementarer Bestandteil moderner Führungskultur. Sie beginnt mit der bewussten Wahrnehmung eigener Bedürfnisse, mit regelmäßiger Reflexion und aktiver Entscheidungsfähigkeit. Nur auf dieser Grundlage kann glaubwürdige und stabile Führung gelingen. Selbstfürsorge ist dabei keine Privatangelegenheit, sondern eine strategische Voraussetzung für Wirksamkeit und Nachhaltigkeit im beruflichen Handeln.

Selbstfürsorge als Bestandteil guter Selbstführung

In der Praxis zeigt sich, dass Selbstfürsorge mehrere Dimensionen umfasst. Körperliche Selbstfürsorge etwa beinhaltet ausreichenden Schlaf, ausgewogene Ernährung, regelmäßige Bewegung und gezielte Pausen – Aspekte, die bei physisch und mental herausfordernden Tätigkeiten essenziell sind. Ohne diese Grundlagen steigt das Risiko von Überlastung, Fehleranfälligkeit und langfristigen Gesundheitsproblemen.

Auch emotionale Selbstfürsorge spielt eine zentrale Rolle. Emotionale Kompetenz beginnt beim Erkennen eigener Gefühlslagen und endet bei der bewussten Steuerung von Reaktionen. Wer Frustration oder Erschöpfung ignoriert, läuft Gefahr, unkontrolliert zu reagieren – sowohl im beruflichen wie im privaten Kontext. Hilfreich sind hier persönliche Rituale wie Reflexionen, das Führen eines Tagebuchs oder begleitende Coachings.

Die mentale Dimension betrifft die Pflege geistiger Beweglichkeit. In einem Berufsfeld, das hohe Präzision und Konzentration verlangt, braucht es regelmäßige Impulse jenseits des Alltags: Inspirierende Fachlektüre, kreative Tätigkeiten oder der bewusste Konsum von Medien schaffen geistige Weite und fördern Innovation. Weiterentwicklung ist kein Luxus, sondern Teil professioneller Hygiene.

Eng verbunden damit ist die geistige Selbstfürsorge, also die Auseinandersetzung mit Sinnfragen, persönlichen Werten oder auch spirituellen Themen. Gerade in Zeiten von Umbruch und Unsicherheit können Gespräche mit Mentoren, das Lesen biografischer Literatur oder die bewusste Rückbesinnung auf eigene Lebensziele eine orientierende Funktion übernehmen.

Nicht zuletzt spielt auch soziale Selbstfürsorge eine tragende Rolle. Isolation und Überforderung sind keine Seltenheit, gerade in unternehmerischer Verantwortung. Umso bedeutsamer sind tragfähige Beziehungen – sowohl im beruflichen als im privaten Umfeld. Der Austausch mit Gleichgesinnten, kollegiale Netzwerke oder das familiäre Umfeld sind Ressourcen, die Stabilität und Rückhalt geben können.

Vier Dimensionen 
wirksamer Selbstführung

Selbstführung manifestiert sich in vier wirksamen Dimensionen: kognitiv, emotional, verhaltensorientiert und vital.

Kognitive Selbstführung
Sie betrifft das eigene Denken über sich selbst, die Aufgaben und die Herausforderungen. Eine lösungsorientierte Sprache („Ich mache mein Unternehmen zukunftsfähig“) schafft Handlungsspielräume und verhindert lähmende Gedankenmuster.

Emotionale Selbstführung
Sie zielt auf die bewusste Steuerung innerer Impulse. Die sogenannte „Omnibus-Technik“ hilft dabei, in Stresssituationen die dominanten inneren Stimmen – wie den Kritiker, den Perfektionisten oder den Ängstlichen – zu erkennen und gezielt mit ihnen umzugehen. Es geht nicht um Verdrängung, sondern um bewusste Steuerung.

Verhaltenssteuerung und Umfeldgestaltung
Diese Begriffe beziehen sich auf den Aufbau stabiler Tagesstrukturen, ungestörter Fokuszeiten und klarer Abläufe. Dabei ist es entscheidend, das persönliche Umfeld aktiv mitzugestalten – durch klare Kommunikation, verbindliche Entscheidungen und einen bewussten Umgang mit den eigenen Energiequellen. Wer weiß, was Kraft kostet und was Energie spendet, kann gezielt steuern.

Vitalitätsmanagement
Die vierte Dimension hebt die Verbindung zwischen physischer Energie und mentaler Präsenz hervor. Eine gesunde Lebensführung mit Schlaf, Bewegung und Achtsamkeit wirkt sich direkt auf die Führungsqualität aus: Wer vital ist, wirkt authentischer, ruhiger und überzeugender.

Typische Saboteure wirksamer Führung

Gleichzeitig darf man sich den typischen Saboteuren wirksamer Führung nicht blind ausliefern. Arroganz („Ich schaffe das allein“), Ignoranz („Wird schon gut gehen“) und Intoleranz („Ich bin eben so“) sind oft unbewusste Schutzmechanismen, die auf Überforderung hinweisen. Wer diese Muster erkennt, kann sie durch gezielte Selbstreflexion und Fürsorge ersetzen – und so die eigene Führungsfähigkeit stärken.

In diesem Zusammenhang wird auch der Blick auf die eigenen Einflussbereiche entscheidend. Der Management-Coach ­Stephen ­R. Covey unterschied zwischen dem Kontrollbereich (eigene Gedanken und Handlungen), dem Einflussbereich (z. B. Team und Prozesse) und dem Betroffenheitsbereich (externe Rahmenbedingungen). Wer sich auf die ersten beiden konzentriert, gewinnt nicht nur Klarheit, sondern auch Entscheidungskraft und Handlungsfreude zurück.

Vom Opfer zum Gestalter

Oft regen wir Menschen uns über Dinge auf, auf die wir überhaupt keinen Einfluss haben, so wie die Politik und das Wetter. Die Wirtschaft und den Verkehr. Die Mitarbeiter, Kollegen oder Investoren. Auch viele Führungskräfte fühlen sich mitunter als Spielball äußerer Umstände. Doch dieser sogenannte „Betroffenen-Modus“ entzieht Handlungskraft. Besser man wechselt in den Gestaltungsmodus mit einer Fokussierung auf den eigenen Einflussbereich. Das Modell des „Circle of Influence“ (vgl. Grafik) hilft, die eigene Energie auf das zu lenken, was beeinflussbar ist. Wer dort gestaltet, wo er tatsächlich wirksam sein kann, erlebt Selbstwirksamkeit – ein zentraler Faktor für Motivation und Zuversicht. Menschen, die nicht unterscheiden können, von was sie betroffen sind, auf was sie Einfluss nehmen können und was davon sie wirklich kontrollieren, fühlen sich häufig als Opfer. Diese Opferrolle ist bequem; man kann in ihr verharren und einfach gar nichts mehr tun. Dieses Mindset hat allerdings die unschöne Folge, dass der Einflussbereich noch weiter schwindet, denn durch Meckern und Jammern geht viel Energie verloren. Was dabei rauskommt? Menschen, die viel reden und nichts machen.

Das aber ist in der Führungsarbeit fatal. Indem ich mich auf meinen Einflussbereich konzentriere, kann ich aktiv auf meine Umgebung einwirken und Ziele und Unternehmensziele effektiver verfolgen. Wer sich hingegen in der Haltung des Betroffenseins verfängt, verliert die Fähigkeit, Weitblick und positive Perspektiven zu entwickeln. In einer Kultur, die in der Folge von Unterlassung geprägt ist, überwiegen Angst und Pessimismus. Stagnation und Frustration steigen.

Veränderung beginnt jenseits der Komfortzone

Wer unangenehme Entscheidungen meidet oder sich in Ausweichhandlungen verliert, riskiert Stillstand. Führung bedeutet, Verantwortung zu übernehmen – auch dann, wenn es unbequem ist. Die eigene Komfortzone zu verlassen, ist Voraussetzung dafür, dass Weiterentwicklung überhaupt möglich wird.
Letztlich zeigt sich: Gute Führung entsteht nicht aus Status oder reinem Fachwissen, sondern aus einer klaren Haltung zur eigenen Person und zur Führungsverantwortung. Wer bereit ist, sich selbst zu reflektieren, bewusste Entscheidungen zu treffen und für das eigene Denken, Fühlen und Handeln Verantwortung zu übernehmen, gestaltet nicht nur die eigene Gesundheit aktiv. Er schafft auch ein Arbeitsumfeld, das inspiriert, motiviert und dem Wandel mit Zuversicht begegnet.

Buchinfo: Ben Schulz, ­„Führungskräfte als ­Hoffnungsträger. Durch Selbstreflexion und adaptive Strategien in Krisenzeiten bestehen“ ISBN 978-1960004-87-1. Softcover, 158 Seiten. Remote Verlag 2025

Vita
Ben Schulz
ist Gründer und Vorstand des Beratungshauses Ben Schulz & Partner AG. Als Consultant und Sparringspartner begleitet er Geschäftsführer und Führungsteams in klein- und mittelständischen Unternehmen in Strategie- und Transformationsprozessen. Mit seinem Team legt Schulz besondere Schwerpunkte auf Themen wie Leitbildentwicklung, Kulturwandel und strategische Unternehmens- und Führungskräfteentwicklung. Er ist Autor mehrerer Bücher.

© Bild: Uwe Klössing | Ben Schulz & Partner AG

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10.06.25

Selbstführung statt Selbstverlust im Dentallabor

Führung in der Zahntechnik neu denken

Ben Schulz

Der „Circle of Influence” nach Stephen R. Covey (aus „The 7 Habits of Highly effective People“, Fireside Book, New York). Das Modell hilft, die eigene Energie auf das zu lenken, was beeinflussbar ist. Wer dort gestaltet, wo er tatsächlich wirksam sein kann, erlebt Selbstwirksamkeit. © Ben Schulz

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